Erwin

 

Lebensgeschichte von Erwin

 

Das ist die Lebensgeschichte eines Menschen der nie Glaubte Alkoholkrank zu werden da Alkohol nie ein Thema für ihn war. Und Trotzdem:

Mein Name ist Erwin und ich bin Alkoholiker!

Ich wurde als sechstes Kind einer Handwerkerfamilie in einem Dorf im Innviertel geboren. Meine Kindheit verlief glücklich und zufrieden. Mit 19 Jahren lernte ich meine heutige Frau kennen und mit 21 Heirateten wir. Meine Frau schenkte mir 2 Kinder. Einen Sohn und eine Tochter. Zu diesem Zeitpunkt war der Alkohol für mich kein Thema. Unser Familienleben verlief harmonisch. Nachdem wir 1990 nach Wels Übersiedelten, da mein Sohn hier die HTL für Chemische Betriebstechnik besuchte musste ich mir wieder eine neue Existenz aufbauen und hatte das Glück in einer Großen Welser Firma einen Arbeitsplatz zu bekommen. Durch meinen Einsatz wurde ich innerhalb kurzer Zeit zum Lagerleiter befördert. Auch zu dieser Zeit war der Alk für mich kein Thema. Nach 3 Jahren Lagerleitung übernahm ich die Leitung des Kundendienstes der neu geschaffen wurde. Der neue Coop brachte es mit sich das ich sehr viel im Außendienst tätig war. Mein Arbeitstag begann um 7 Uhr und endete oft erst in den späten Abendstunden. Aber er machte mir sehr viel Freude. 1994 änderte sich in unserem Familienleben doch einiges da meine Frau die Diagnose Multiples Sklerose genannt MS bekam. Da die Krankheit noch nicht ausgebrochen war und wir auch von den Ärzten keine genaueren Informationen bekamen, habe ich mir darüber nach dem ersten Schock auch keine weiteren Gedanken gemacht und habe es verdrängt. Heute weiß ich dass es ein Fehler war sich mit der Krankheit nicht zu beschäftigen. Ich hatte in der Arbeit sehr viel Stress und ich kam Ende der 90er Jahre darauf wenn ich am Abend vor dem Schlafengehen ein Bier trank konnte ich abschalten und gut schlaffen. Auch mit meinen Kollegen traf ich mich hin und wieder im Gasthaus auf ein Bier. Wir hatten zu dieser Zeit 18 Monteure mit denen ich zusammenarbeiten musste. Von diesen waren 16 die gerne nass futterten wie ich immer sagte. Dann brach die Krankheit meiner Frau voll aus. Unser Leben änderte sich sehr schnell. Ich wurde mit der Belastung nicht fertig und der Alk wurde mein ständiger Begleiter. Ich wollte das alles nicht wahr haben und trank immer mehr. Zuerst nur am Abend dann auch unter Tag. Ich warf alle meine Prinzipien über den Haufen wenn ich mit dem Auto fahre trinke ich nicht. Trank ich zuerst nur Bier so kam schnell der Konak dazu den er gab mir schneller die Wirkung die ich brauchte. Es verging kein Tag wo ich nicht trank. Irgendwann wachte ich in der früh auf und ich zitterte an den Händen. Der Griff zur Flasche, ein großer Zug und ich hörte auf zu zittern. Die Schnapsflasche wurde mein Begleiter im Auto und auch zu Hause. Ich kann heute von Glück reden das mir in der Zeit wo ich trank nichts passiert ist. Ein guter Schutzengel bewahrte mich vor Führerscheinentzug und Unfall. Meine durchschnittlichen Kilometer im angetrunkenen Zustand betrugen so ca.300 Km Quer durch Oberösterreich und Teile der Steiermark. Wenn ich heute zurückdenke kommt mir noch das Grauen was alles passieren hätte können. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon Spiegeltrinker und brauchte mein Level um arbeiten zu können. Zu Hause gab es immer mehr Streit wegen meiner Trinkerei. Meine Frau holte mich des Öfteren aus dem Auto das ich am Abend am Parkplatz vor unserer Siedlung abgestellt hatte und einfach umgefallen und eingeschlafen bin. Gab natürlich wieder Streit. (was werden sich die Nachbarn Denken.) Als Alkoholiker kommt man ja auf die besten Gedanken. Ich habe in meiner Wohnung überall verstecke mit Alk angelegt sogar in der Küche habe ich mir den Sockel so gerichtet, daß ich in wegnehmen konnte und eine Flasche als eiserne Reserve verstecken konnte. Mein damaliges Leben beherrschte der Alkohol voll und ganz. Mein Denken bestand nur wo besorg ich mir den Alk, wo verstecke ich ihn, wie entsorge ich das Lehrgebinde ohne das es auffällt. Mein Sohn der zu dieser Zeit bereits in Graz auf der TU Studierte und nur alle heiligen Zeiten nach Hause gekommen ist wusste ja nichts von meiner Trinkerei so dachte ICH. Eines Tages läutete das Telefon und ich nahm den Hörer ab. Am anderen Ende der Leitung war mein Sohn und er sagte er möchte mit mir sprechen, ich soll im nicht wieder die Mutti geben, wie ich das sonst immer gemacht habe um nicht aufzufallen das ich Trinke. In dem Gespräch sagte er etwas das mich doch zum nachdenken anregte. Warum Trinkst du so viel du hast doch früher auch fast nichts getrunken, wenn du Wert darauf legst mit mir weiter Kontakt zu haben dann mache etwas dagegen und damit du etwas machst habe ich für dich beim Hausarzt morgen einen Termin vereinbart bitte nimm in wahr. Mein erster Gedanke war: Ich lasse mir doch von niemanden was Anschaffen. Doch nach einiger Zeit des Nachdenkens ging ich dann doch zum von meinem Sohn für mich vereinbarten Termin. Ich hatte ein gutes Gespräch mit meinem Arzt und ich machte meine erste Entgiftung mit ihm zu Hause. Es war eine scheiß Zeit. Mein Körper reagierte trotz Medikamente mit schwitzen und zittern. Ich musste mich 3-4-mal am Tag umziehen so nass war ich vom schwitzen. Aber ich habe es geschafft. Nach einer Woche Krankenstand war ich wieder soweit hergestellt das ich wieder arbeiten konnte und es ging mir gut. Der Alkohol fehlte mir nicht! Von meinem Sohn wurde ich schon dazumal auf diverse Hilfsorganisationen hingewiesen wo Leute mit Alkoholproblemen Unterstützung finden. Unter anderem waren auch die Anonymen Alkoholiker dabei. Ich fuhr zwar zu der angegebenen Adresse um zu schauen wer da hineinging was das für Leute sind aber ich ging nicht hinein den ich war zu Stolz und sagte mir ich schaff es auch alleine um nicht mehr zu Trinken. Es ging auch 3 Monate gut. In der Zwischenzeit hatten wir ein großes Familienfest. Wir Feierten meinen 50 er dazu noch den 60er und den 70er meiner Schwestern und die goldene Hochzeit meiner Schwester und Schwagers. Da das alles innerhalb von einem Monat lag legten wir alles auf eine Feier zusammen genau an meinem 50. Geburtstag. Der Alkohol war für mich bei dieser Feier kein Thema. Ich trank Bleifrei und hatte kein Problem dabei. Nach ca. 3 Monaten hatte ich eine Kundschaft die aber gleichzeitig gute Bekannte von mir waren und meinen Besuch bei ihnen legte ich als letzte Kunde in die Abendstunden. Nach getaner Arbeit kam der gemütliche Teil. Es gab was zu Essen und ich wurde gefragt ob ich ein Bier trinke. Meine Antwort war: „Du ich Trinke keinen Alkohol mehr“. Nach dem es Zeit wurde mich zu verabschieden lud mich der Bekannte ein mit ihm ein Glas Konak zu trinken der ja die ganze Zeit auf dem Tisch stand und mich anlächelte. In meiner Naivität (ich wusste nichts über die Alkoholkrankheit, ich habe einfach zu trinken aufgehört,) dachte ich mir du hast jetzt schon solange nichts getrunken kannst ja ein Glas trinken. Es wurden zwei Gläser Konak und sie machten mir überhaupt nichts aus. Ich fuhr nach Hause und trank noch ein kleines Glas Bier weil der Konak mir ja nicht geschadet hat. Das war der Anfang vom Ende. Ich kann nur so viel dazu sagen ich war innerhalb kurzer Zeit wieder in der Sauferei drinnen, aber viel schlimmer als vorher. Mein Leidensweg ging dann solange weiter bis zu meinem Urlaub in dem ich Tag und Nacht gesoffen hatte. Nach 14 Tagen sollte ich wieder in der Arbeit erscheinen aber ich konnte nicht. Das war mein Persönlicher Tiefpunkt. Ich war immer derjenige der sich sagte wer saufen kann, kann auch Arbeiten. Nur ich war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fähig meinem Beruf nachzugehen, lag im Bett und verging an Selbstmitleid. Der nächste Ausweg schien mir mich selbst umzubringen dann ist wenigstens meine Familie von mir erlöst. Nach dem ich mir alles schon für meinen Selbstmord gerichtet habe bekam ich eine Eingebung( höhere Macht) und sagte zu meiner Frau sie solle die Nachbarin bitten mich in die Psychiatrie zur Entgiftung zu Fahren. Gesagt getan. Ich wurde mit 2,4 Promille in der Klinik aufgenommen. Die Betreuung war sehr gut und ich kam auch schnell wieder zu mir selbst. Nach ein bar Tagen wurde ich vom zuständigen Sozialarbeiter aufmerksam gemacht, das die Anonymen Alkoholiker am Nachmittag ins Haus kommen und ich dort hingehen sollte um mich zu Informieren. Da ich ja Zeit hatte ging ich zu der Infoveranstaltung und lernte dort 4 Personen von AA kennen. Es war für mich unvorstellbar das fremde Leute mir über ihr Leben, wie sie es geschafft haben ihre Alkoholkrankheit zum Stillstand zu bringen erzählen. Nach dem Gespräch mit den AA versprach ich dem Ältesten zu einem Meeting der AA zu kommen und er sagte zu mir;“versprich nichts sondern komm „ Ich wusste, will ich meine Krankheit dauerhaft in den Griff bekommen brauchte ich Hilfe. Meine Entlassung erfolgte am 16.8. 2002 an einem Freitag in dem die Freitaggruppe in Wels ihr Meeting hatte und noch immer hat. Ich war körperlich wieder soweit hergestellt aber wie es in mir drinnen aussah wusste keiner. Am Abend fuhr ich in die Vogelweide und ging mit etwas Bauchweh aber ohne zu zögern in den Meeting Raum. Als ich den Raum betrat waren schon eine Reihe von Personen Männer und Frauen, gut gekleidet und sie konnten lachen was ich zu der Zeit nicht mehr konnte anwesend. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und füllte mich augenblicklich wohl in deren Mitte. Ich kann mich heute an das erste Meeting nicht mehr genau erinnern so voller Eindrücke war ich. In meinem Hirn spielte es Granada so viel hatte ich zu Denken. Vom ersten Meeting nahm ich nur eines mit: Ich muss vorm Alkohol kapitulieren den er ist stärker als ich. Ich muss das erste Glas stehen lassen . Die nächsten 24 Stunden will ich keinen Alkohol trinken. Mit den 24 Std. konnte ich nichts anfangen ich unterteilte mir die Zeit in 5 Std. um früher ein Erfolgserlebnis zu haben. Aber ich muss sagen es hat von Anfang an bei mir gefruchtet. Ich freute mich Mitte der Woche schon wieder aufs Meeting am Freitag. Der Glaube an das was meine Freunde/innen im Meeting erzählt hatten und wie sie es geschafft hatten trocken zu bleiben hat mir sehr viel in meiner ersten Zeit bei AA geholfen. Vom Programm der AA verstand ich in der Anfangsfase nichts, aber ich wusste es muss etwas dran sein sonst wären nicht so viele Menschen bei AA trocken geworden und geblieben. Der Meeting Besuch war für mich fest eingeplant da konnte kommen was mag. Es war für mich eine Art Lebensversicherung um nicht wieder auf blöde Gedanken zu kommen. Was hat sich für mich geändert seit ich nicht mehr trinken muss? Für mich hat das Leben wieder einen Wert bekommen. Ich genisse heute ein trockenes und zufriedenes Wenn auch nicht sorgenfreies Leben. Mit dem Programm der AA kann ich meine Lebenssituationen besser meistern. Die Krankheit meiner Frau die sich sehr verschlechtert hat stellt mich dank des Programmes vor nicht zu große Hürden die ich nicht bewältigen kann. Meine Dankbarkeit an meine höhere Macht wie ich sie sehe und an die Gruppe mit der ich Freud und Leid Teilen kann ist sehr groß. Für mich und nur für mich hat sich der Weg den ich heute gehen darf gelohnt. Ich habe mich auch nicht gescheut Dienste in AA zu Übernehmen und bin mit jedem Dienst , egal wie ich in machte ob gut oder weniger gut an mir selber gewachsen. Vielleicht hilft es jemanden der diese Zeilen liest und auch ein Problem mit dem Alkohol hat den Weg zu gehen oder zu versuchen zu gehen ,den ich heute Trocken und auch schon ein bisschen nüchtern gehen darf.

Gute 24 Stunden Erwin