Aloha


Lebensgeschichte von Aloha

Mein Name ist Aloha und ich bin Alkoholiker

Ich muss sagen ich hatte, wenn ich so meine Kindheit betrachte, nicht wirklich die klassischen Voraussetzungen für eine Alkoholiker Karriere. Ich wuchs wohlbehütet auf, meine Mutter war immer zuhause und kümmerte sich um unser Wohlbefinden. Mein Vater hatte immer eine gute Arbeit und uns Kinder ging nichts ab. Wir wurden in allen Belangen gefördert und es gab auch wenig Streit in unserer Familie. Trotz alldem wurde ich Alkoholiker:

Meine Kindheit war wunderbar, ich begann früh mit dem Musizieren und auch im Sport wurde ich gefördert. Mit 14 Jahren besuchte ich dann ein Musikgymnasium und begann neben der Schule Musik zu studieren. Mein Pensum war damals ungeheuer hoch für einen Schüler. Am Vormittag in der Schule und dann am Nachmittag am Konservatorium. Ich wurde mit der Zeit immer besser und das gefiel mir. Ohne es zu wissen wurde ich süchtig nach Anerkennung. Ich gewann mehrere Wettbewerbe und begann nach der Matura neben der Musik auch noch Mathematik und Sport zu studieren. Für mich war es normal, dass jede Minute in meinem Leben verplant war. Im Winter arbeitete ich am Arlberg als Schilehrer und verbrachte mit dem verdienten Geld den Sommer in Hawaii zum Windsurfen. Mein Leben war eigentlich, wenn man es von Außen betrachtete ein „Traum“. Dass es jedoch nicht immer so weiter gehen würde, daran dachte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Mir gefiel das Leben in diesen Extremen und ich übersah ganz und gar, dass mir zunehmend die Kraft und Energie ausging. Es passierte was passieren musste.

Ich verbrachte wieder einmal meinen Sommer im Süden und ich hatte einen folgenschweren Autounfall. Ich wurde aus dem Auto geschleudert und lag eine ganze Nacht halb bewusstlos neben dem Auto. Nachdem ich dann mit der Airambulanz nach Österreich geflogen wurde versuchte ich so wie früher mein altes Leben zu führen. Leider musste ich entsetzt feststellen, dass dies nicht mehr möglich war. Mein Daumen war sehr schwer verletzt und ich konnte nicht mehr so musizieren, meine Hüft- und Knieverletzungen bereiteten auch konstant Schmerzen beim Sporteln, kurzum ich konnte nicht mehr wie früher. Anfangs versuchte ich es mir mit Gewalt zu beweisen, musste jedoch feststellen, dass ich der Verlierer in diesem Kampf war. Da ich der Typ bin, der etwas mit 130% macht und sich nicht mit 80% zufrieden gibt, ließ ich die Musik sein und auch Sport betrieb ich nur mehr selten. Ich bemerkte jedoch, dass so 1-2 Bier die Schmerzen linderten und die schlechten Gedanken vertrieb. Ich denke das war der Beginn meiner Alkoholiker Karriere, die sich schnell zuspitzte. Ich lernte eine Frau kennen, heiratete sie, ließ mein Studium sausen und arbeitete als Operationspfleger in einem Krankenhaus. Ich war tot unglücklich, spielte jedoch vor meiner Frau immer den zufriedenen Ehemann. Ich hatte schlaflose Nächte und fühlte mich mehr und mehr als Versager, was mein Trinkverhalten nicht unbedingt verbesserte. Ich trank zwar nicht täglich, aber wenn ich wieder eine Identitätskrise hatte dann kam es schon vor dass ich mich 2-3 Tage mit Alkohol „wegnebelte“. Ich war in diesen Tagen ein Häuflein Elend und fühlte mich wie das ärmste Schwein auf dieser Welt. Nach wie vor war ich jedoch zu Stolz mit jemanden über mein seelisches Leid zu sprechen. Ich denke jeder Alkoholiker kennt das, wenn man an einem Punkt anlangt, an dem man nicht mehr leben möchte. Der einzige Grund warum ich damals keinen Selbstmord beging waren meine Eltern. Das hatten sie nicht verdient. Weiterleben wollte ich so jedoch auch nicht und ich ließ mich schließlich in ein Krankenhaus zum Entzug einliefern. Ich kam alkoholisiert und mit Selbstmordgedanken dort an und die Pfleger fixierten mich im Bett, damit ich keinen Unfug machen konnte. Die Gedanken, die mir damals durch den Kopf gingen kann man sich gar nicht vorstellen. Ich konzertierte vor Hunderten Leuten als Solist und endete schließlich als Säufer, fixiert in einem Krankenbett in der Psychiatrie. Wenn ich mir heute vorstelle wie es meinen Eltern damals ging dann bekomme ich heute noch eine Gänsehaut. Nach einigen Rückfällen und den damit verbundenen Krankenhausaufenthalten ließ sich meine Frau von mir scheiden und ich war knapp dran auf der Straße zu enden. Ich schlief einen Monat lang in meinem Kombi und duschte mich auf der Universität. Ich fühlte mich wie das Letzte in unserer Gesellschaft.

In dieser Phase lernte ich AA kennen und ich begann ins Meeting zu gehen. Nach einer Langzeittherapie suchte ich mir eine Wohnung in Salzburg und versuchte langsam wieder ins Leben zu finden. Ich lernte, dass gewisse Sachen Zeit brauchen und dass vieles nicht von heute auf morgen geht. Ich bewunderte damals die Leute, die trocken im Meeting saßen, lachen konnten und mit ihrem Leben zufrieden waren, ich war es damals ganz und gar nicht. Nachdem ich mich aber immer mehr mit dem 12-Schritte Programm befasste und versuchte mein Leben danach zu richten wurde ich innerlich immer zufriedener und konnte mich mehr und mehr annehmen so wie ich war. Es begann mein langsamer Genesungsweg und heut nach einigen 24 Stunden Trockenheit kann ich auf das Produkt meiner Trockenheit blicken.

Ich habe mein Studium wieder aufgenommen und vollendet. Ich habe einen schönen Job als Lehrer und versuche meinen Kids neben der Mathematik auch ein bisschen von meinen Erfahrungen mitzugeben. Durch meinen Zusammenbruch sehe ich heute auch jeden Schüler als eigene Persönlichkeit und versuche mit ihnen ehrenhaft umzugehen, das wäre mir früher nicht so wichtig gewesen. Mir ist nicht mehr alles so wichtig, was unsere Gesellschaft als Normen vorgibt und auch mein innerer Ehrgeiz ist geringer geworden. So Gott will, werde ich auch mein Instrument wieder auspacken und es wird mir dann genügen nicht der Beste sein zu müssen. Kurzum kann ich sagen, dass ich heute ein zufriedener genügsamer Mensch geworden bin, der gelernt hat mit kleinen Sachen zufrieden zu sein und der versucht mit seinen Mitmenschen ehrenhaft umzugehen. Dass ich für diese Zufriedenheit was tun muss, das ist mir auch klar geworden und es ist eigentlich eine ganz einfache Sache:

Ich muss einfach nur das erste Glas Alkohol stehen lassen.

Wenn wir das tun, dann werden meine und unsere Träume und Wünsche wieder Wirklichkeit. Das garantieren auch unsere Verheißungen. Wenn ich es nicht selber erlebt hätte dann würde ich es selber nicht glauben, wie sich mein Leben wieder verändert hat. An dieser Stelle möchte ich meinen Eltern und allen Menschen bei AA danken.

Mit lieben Grüßen

Aloha