Aus 1973 Sicht der 12 Schritte

 

 

Die Zwölf Schritte aus der Sicht eines Alkoholikers aus 1973

 Meines Wissens ist diese Broschüre nicht mehr erhältlich. 

 
Die folgenden Seiten stammen aus einem Sonderdruck der AA- Information von 1973.
 
 
Der erste Schritt

 Ich habe zugegeben, dass ich dem Alkohol gegenüber machtlos bin und mein Leben nicht mehr allein meistern konnte.
  
---angstvoll trieb ich in einem Meer von Flaschen...

Ich war am Tiefpunkt. Zerbrochen.  Entblättert. Da vernahm ich einen Satz, der sich unauslöschlich in mein krankes Gehirn einprägte:

"Ein Alkoholiker hat nur dann eine Chance nüchtern zu werden, wenn er wieder ehrlich wird."

In diesen Worten fand ich eine tiefe Wahrheit. Mein Trinken war ein ständiger Selbstbetrug, den ich krankheitsbedingt jahrelang nicht erkannte. Ich machte mir immer wieder vor, dass es zum Leben eines Mannes gehört, hin und wieder einen auf die Pauke zu hauen. Bald wurde klar, wie  meisterlich ich das Instrument beherrschte.
Selbstverständlich waren nicht nur freudige Ereignisse Anlässe meiner Sauferei. Ich fand sehr bald für jeden Griff zum Glas eine glaubhafte Begründung. Meistens war ich zwar der Einzige, der mir diese Begründung abnahm . Und ich begann die anderen Menschen ob ihres Unverstandes innerlich zu verachten. Ich wendete mich von dieser Gesellschaft ab und suchte mir Freunde, die mich verstanden. Diese "Freundschaften" haben mich eine Menge Geld gekostet, aber zu jener Zeit wollte ich noch nicht allein trinken. Außerdem bestätigten mir meine Zechkumpane, dass ich kein Außenseiter der Gesellschaft war, sondern ein Mensch unter Menschen.
Damals war ich blind. Ich hatte die gefährlichste Augenkrankheit, die es gibt. Ich sah nicht, dass diese Freundschaften bezahlt waren. Ich sah nicht, dass ich stets der Letzte war, der immer noch eine Flasche wollte. Ich sah nicht, wie ich allein gelassen wurde, wenn ich kein Geld mehr hatte. Ich fühlte mich stets als Mittelpunkt der Gesellschaft und war stolz, wenn einfältige Menschen meinen Geist bewunderten. Irgendwie tat mir diese Anerkennung gut und irgendwie wollte ich meine "geistige" Überlegenheit auch dadurch demonstrieren, dass ich mehr Alkohol vertragen konnte, als die anderen. "Übung macht den Meister." Ich habe geübt ? viele, viele Jahre und ich habe sehr viel Lehrgeld gezahlt. Wenn man in der Woche nur einen Fünfzigmarkschein auf den Kopf haut, so sind das im Monat 200 DM, im Jahr 2.400 DM und in meiner über 20jährigen Trinkerlaufbahn habe ich mir für rund 50.000 ­Mark den schönsten Alkoholismus angesoffen, den ich bekommen konnte.
Mit einer Gelbsucht fing es an und mit einer Ehescheidung hörte es noch lange nicht auf. Immer waren die Anderen schuld; gleichgültig, ob ich den Beruf wechseln musste oder daheim Schwierigkeiten hatte. Dabei konnte ich keiner Fliege etwas zuleide tun.  Ich blies mein eigenes ICH auf und spielte die beleidigte Leberwurst. Selbstverständlich wollte ich das nicht wahrhaben. Ich war blind und sah nicht ein, wie ich immer mehr und mehr versagte. Ich tauschte meine Mahlzeiten gegen Alkohol ein und zog mich an Sprüchen hoch, die mein Trinken vor mir rechtfertigten.

"Dummheit frisst - Intelligenz säuft!"
"Bier ist mehr wert, denn es hat Nährwert!"

Oft verglich ich mich mit Churchill oder Hemingway und hörte nicht auf Menschen, die es noch gut mit mir meinten. Erst langsam, dann immer schneller ging es bergab.
Selbst als ich morgens nach dem Aufstehen trinken musste, um überhaupt meiner Arbeit nachgehen zu können, meinte ich, dass ich mein Leben so meisterte. Ich war doch noch wer. Die Schulden wuchsen mir über den Kopf zusammen, doch es war nie meine Schuld. Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie ich täglich immer wieder Geld aufbrachte, um an Alkohol zu kommen. Dabei konnte ich kein Geld einteilen. So, wie ich es in die Hände bekam, wurde es ausgegeben. Sinnlos, planlos, ob es mir gehörte oder nicht. So meisterte ich mein Leben - für König Alkohol. Als ich merkte, dass er mich beherrschte, war es schon zu spät. Ich konnte nicht mehr allein aufhören. Ich musste trinken. Und wiederum versuchte ich ständig dieses Trinken zu entschuldigen. Ich fühlte mich todkrank und hundeelend, wenn ich nüchtern war. Ich nahm den Alkohol als Medizin. Ich brauchte keine Freunde mehr zum trinken. Ich brauchte nur den Alkohol. Er war mein Freund und Retter in der Not. Ich steuerte meinem Tiefpunkt zu. Doch selbst vor dem Kaiser von China hätte ich noch behauptet: Ich habe mein Leben gemeistert. Vor mir lag ein großer Trümmerhaufen und in mir eine schwammige Leber. Ich versprach mir Besserung und vergaß mein Versprechen. Mein Geist wurde schwach, Ich vergaß mich selbst. Ich stand mit wässrigen gelben Augen vor dem Spiegel und wollte mein Leben auskotzen. Ich spuckte Magensaft und Galle. Ich zitterte am ganzen Körper.  Meine Füße versagten. Der Schweiß brach aus.

Ich bin ein Alkoholiker

Ich fühlte mich zerschlagen, ausgemergelt, verkommen und dreckig. Ein wandelnder Leichnam, der sein Leben nicht mehr meistern wollte. Mir war alles egal. Und in dieser Stunde trat ein Mensch vor mich hin und sagte: „ich heiße Otto und bin ein Alkoholiker!" Dieser Mann war nüchtern, sauber gekleidet, klare Augen, sympathisches Gesicht. ? Und er sagte mit einer Selbstverständlichkeit:

"Ich bin ein Alkoholiker. Hast Du auch ein Problem mit Alkohol?"

Etwas in mir bäumte sich auf. Alkoholiker? Ich? ...  Nein! Für mich waren Alkoholiker verkommene, willensschwache Kreaturen, die zum Gespött der Straßenjungen den Rinnstein entlang torkelten. Bettler, die einen knöchellangen zerfetzten Mantel tragen, aus dessen zerbeulten Taschen die Wermutflasche schaut. Bärtige stupide Gesichter. Aufgedunsen und stinkend. Nein - ICH  bin kein Alkoholiker l Ich fühlte, dass man mich noch tiefer in den Schmutz ziehen wollte. Entmachten, demütigen, beleidigen.
Alles in mir sträubte sich gegen den Gedanken Alkoholiker zu sein. Wie gelähmt hörte ich die weiteren Worte:

Kein Außenstehender kann feststellen, ob Du Alkoholiker bist. Diese Feststellung bleibt Dir ganz alleine überlassen.

Alkoholismus ist eine Krankheit, die jeden Menschen ohne Rücksicht auf Stand und Geschlecht überfallen kann. Man weiß nicht, weshalb diese Krankheit den einen befällt und den anderen verschont. Es ist auch nicht wichtig, dass Du weißt, warum Du z. B. Krebs hast. Es ist wichtig, dass Du es überhaupt weißt, wenn der Krebs schleichend Deinen Körper zerfrisst.

Es ist keine Schande krank zu sein, aber es ist eine Schande nichts dagegen zu tun!

Diese Worte hatten eine unbeschreibliche Wirkung auf mich. Fast fühlte ich mich erlöst, dass ich vielleicht gar kein willensschwaches verkommenes Subjekt bin, sondern ein kranker Mensch. KRANK das war die Lösung. Ich bin kein Trunkenbold, sondern ein alkoholkranker Mensch. Fast befreiend überkam mich diese Erkenntnis.

Ich wollte gesund werden!

Doch schon bald merke ich, dass ich es nicht allein schaffe. Immer stärker wurde mein Verlangen nach Alkohol. Ich glaubte wahnsinnig zu werden. Es war ein anonymer Alkoholiker, der mir weiterhalf. Er machte mir deutlich, dass ich jedes Glas ausschließlich gegen mich trinke, dass es meine Leber ist, die sich zersetzt, dass es mein Geist ist, der unter Gedächtnislücken leidet und dass es meine Seele ist, die Höllenqualen erduldet. Er machte mir in dieser Situation deutlich, dass ich nur weiterleben konnte, wenn ich endlich einsehen lernte, dass ich dem Alkohol gegenüber machtlos bin.  Meine Sprüche: "Bier ist mehr wert, denn es hat Nährwert." Und "Dummheit frisst, Intelligenz säuft" hatten ihre Überzeugungskraft verloren.  Er machte mir klar, dass ich nur genesen kann, wenn ich vorher restlos kapituliere.

Kapitulieren vor dem König Alkohol  und Kapitulieren vor meiner eigenen Besserwisserei!

Wie oft bin ich mit einem verworrenen Kopf gegen den Alkohol angetreten. Wie oft habe ich gesagt: "Diesmal beweise ich, dass ich mich beim Trinken beherrschen kann." - Und dann war ich doch wieder der Letzte, der vom Tisch aufstand. Dann musste ich mir doch wieder vorhalten lassen, dass ich mich unmöglich benommen habe.

Immer war der Alkohol stärker als ich

Tausendmal und mehr habe 'ich den kürzeren gezogen. Sollte ich es nicht endlich einsehen? Mir blieb nichts weiter übrig. Ich gab auf ! ! ! ! Ich war zerschlagen, gedemütigt und innerlich ausgehöhlt. Mir gingen die Augen auf, dass mein jahrelanger Freund Alkohol, mein Tröster, mein Lebenselexier  in Wirklichkeit mein größter Feind, mein Verführer, ein hundsgemeines Gift war. Dieser trügerische Gaukler hatte mein Hirn vernebelt, meinen Körper vergiftet, ? meine Seele vor die Hölle geschickt.

Ich war krank. GEISTIG, KÖRPERLICH und SEELISCH.

Das Spiel war aus. Man hatte mich kalt und trocken erwischt. Genau unter der Kinnspitze meiner eingebildeten Besserwisserei.  Die Kapitulation war vollständig und die Erfahrung hat gezeigt, dass dies die Voraussetzung für eine dauerhafte Nüchternheit ist. jeder Zweifel, ob man vielleicht doch nicht so ist, wie jener Säufer, oder ob man vielleicht nicht doch bald mal wieder ein Gläschen trinken kann, beweist, dass man noch nicht bereit ist, wirklich aufzugeben, Deshalb musste ich erst den Tiefpunkt meines Lebens erreichen, denn ohne Tiefpunkt ist jede Kapitulation unvollständig. Es genügt auch nicht, wenn man nur gegenüber dem Alkohol kapituliert. Ich muss auch vor mir selbst kapitulieren. Ich muss einsehen, dass ich ganz allein diesen Trümmerhaufen zusammengeschlagen habe. Nicht die anderen waren schuld, sondern der Alkohol hat mich so weit gebracht, dass ich mein Leben nicht mehr allein meistern konnte. Ich muss im Gegenteil den anderen Menschen dankbar sein, dass sie mich nicht schon vorher aus ihrer Gemeinschaft ausgestoßen haben. Ich muss endlich die Luft aus meinem aufgeblasenen ICH ablassen. Weg mit der Überheblichkeit; fort mit der Arroganz. Ich will nun wieder ganz von vorn anfangen. Ich will lernen, mich selbst zu begreifen. Doch wie sollte ich es diesmal schaffen, wenn ich vorher, als ich noch besser bei Kräften war, immer wieder rückfällig wurde? Hatte es überhaupt noch einen Zweck? Ich kam mir wie ein Ertrinkender vor und war bereit, mich an jeden Strohhalm zu klammern. Ich wusste, dass ich es nicht mehr allein schaffe. Angstvoll trieb ich in einem Meer von Flaschen und schrie um Hilfe. Nie war meine Verzweiflung größer als an jenen Tagen.
Da kam die Rettung. Ich fand A.A..
Die anonymen Alkoholiker sind eine Gemeinschaft von Männern und Frauen, die ihre Erfahrungen, ihre Kraft und Hoffnung miteinander teilen, um ihr gemeinsames Problem zu lösen und anderen zur Genesung vom Alkoholismus zu verhelfen..  Ich fand Menschen, die meine Geschichte am eigenen Leibe erfahren hatten und heute nüchtern leben, Ich fand Kraft und Hoffnung. Und ich war begierig zu erfahren, welchen Weg sie gegangen sind. Ich lernte, dass mein Krankheitsbild ewig bleibt, dass ich mein Trinken aber zum Stillstand bringen kann und danach körperlich, geistig und seelisch gesunden kann.

Alkoholiker bleibe ich mein Leben lang!

Ich konnte mich also vom krankhaften Trinken befreien. Dazu war es erforderlich, dass ich Alkohol in jeder Form und auch der kleinsten Menge meide. Das konnte ich mir nicht vorstellen. War ein Leben ohne ein Gläschen Wein oder ein kühles Helles denn noch lebenswert? Ich erinnerte mich an meine Kapitulation. Die schwärzeste Stunde meines Lebens stand urplötzlich wieder vor mir. NEIN! Ich wollte das alles nicht noch einmal durchmachen. Ich war gerade wieder im Begriff, mir ein neues Problem aufzubauen, als meine Freunde sagten: Nimm Dir nicht vor, Dein ganzes Leben lang keinen Alkohol mehr zu trinken. Damit überforderst Du Dich. Versuche nur HEUTE nichts mehr zu trinken. HEUTE ist der wichtigste Tag für Dich und wenn Du es 24 Stunden geschafft hast, dann steigt Dein Selbstvertrauen. Mein Selbstvertrauen stieg ....
Tag für Tag nahm ich mir vor HEUTE nicht zu trinken. Jedes Mal, wenn mich die Versuchung überkam, sagte ich: „HEUTE nicht – Vielleicht morgen.“ Meine Freunde lernten mir wieder nüchternes Denken und ich habe bald eingesehen, dass es nicht das 20. Glas ist, von dem ich betrunken werde, sondern stets das ERSTE GLAS.
Ich erfuhr, dass ich heute vielleicht nach einem Glas aufhören könne, doch morgen würden es zwei sein - und bald wäre ich wieder unfähig, mein Trinken unter Kontrolle zu halten. "Meide das erste Glas und vergiss unsere wöchentlichen Meetings nicht;" so wurde ich immer wieder belehrt, "dann geht alles wie von selbst!“ Meine Freunde haben recht behalten. Was würde der Krebskranke dafür geben, wenn er dadurch genesen könnte, dass er eben dieses eine Glas heute nicht trinkt?

Dieses Beispiel überzeugte mich und bald stand ich wieder etwas fester auf den Beinen. Meine Kaninchenaugen wurden wieder klarer und der Brechreiz beim Aufstehen verschwand. Ich konnte wieder schlafen, ohne schweißgebadet aufzuwachen und gewöhnte mich an starken Kaffee und noch mehr Zigaretten, Zwar war dies auch nicht das gesündeste, aber es griff den Geist nicht an. Irgendwie musste ich meine innere Unruhe dämpfen - und das half. Eindringlich warnte man mich vor Medikamenten. Pille statt Pulle. Das bedeutet nur ein Dacapo nachdem der Vorhang über diese Tragödie schon einmal gefallen war. Zufällig konnte ich bei einem Freund eine Suchtverlagerung auf Tabletten aus nächster Nähe beobachten. Sein schneller geistiger und körperlicher Verfall war mir eine eindringliche Warnung. Ich erweiterte meine Kapitulation. Ich habe mich ohne Bedingungen ergeben. Ich war Sklave einer Droge ohne es zu wissen. Ich zerstörte mein Leben durch ein langsam wirkendes schleichendes Gift.  "Selbstmord auf Zeit" Wenn ich heute befreit auf meinen noch nicht abgeschlossenen Weg zur körperlichen, geistigen und seelischen Genesung zurückblicke, so war alles nur möglich, nachdem ich selbst den ersten Schritt auf diesem Weg vollbrachte. Es war not. wendig, dass ich selbst 24 Stunden Nüchternheit erkämpfte.

    Heute muss ich aufhören zu trinken – nicht morgen

    I C H  muss es selbst tun!

Man muss zugeben, dass man dem Alkohol gegenüber machtlos ist, und sein Leben nicht mehr allein meistern kann. Dieser Genesungsweg ist nicht mit Rosen bestreut. Ich merkte bald, dass das Leben auch ohne Alkohol mit Schwierigkeiten gespickt war. Oft war ich der Verzweiflung nahe, mir durch Alkohol Erleichterung zu schaffen. Hier wurde die Vergangenheit wach doch von der anderen Seite flüsterte es in meinem Ohr:

  "Ein Glas kannst Du doch trinken"


Und in solchen Augenblicken sage keiner, Nüchternheit hat mit Willensstärke nichts zu tun. Nüchternheit ist Willensstärke und es ist ein Geschwätz, wenn man Alkoholiker als willensschwache Menschen bezeichnet. Willensstärke ist meine einzige Waffe eben diesen einen Schluck nicht zu trinken. Die traurige Erfahrung meiner Vergangenheit ist ein bewährtes Mittel, um mir den Appetit auf den nächsten Schluck gründlich zu verderben.

 

Der zweite Schritt

Ich kam zu dem Glauben, dass nur eine Kraft, die größer ist, als ich selbst, mir meine geistige Gesundheit wiedergeben kann.
2

... und erhoffte die erlösende Befreiung ...

Jahrelang erkannte ich zumindest im Unterbewusstsein, dass mein Trinken nicht normal war. Oft wehrte ich mich dagegen - aber  ich konnte es nicht lassen. Genau so wehrte ich mich dagegen, ein Trinker zu sein.

Vergebens l  Der Alkohol hatte Kraft über mich gewonnen. Er war stärker als ich. Ich war ihm verfallen und wollte es nicht wahr haben. Täglich trat ich erneut in den Ring und jedes Mal war ich der Verlierer. Wenn ein Boxer täglich gegen einen stärkeren, Gegner antritt, um sich k.o.schlagen zu lassen, wird man an seinem Verstand zweifeln. Wie war es aber bei mir?  Wollte ich nicht täglich nur so viel trinken, dass es kein Mensch merkt? Ich meinte, dass ich nach einem bestimmten Quantum Alkohol in der Figur ein anderer Mensch war. Dieser Andere war redegewandter, schlagfertiger, stets geistesgegenwärtig, dem Leben gewachsen und die Situation beherrschend. Das war mein wahres ICH. So wollte ich sein. Ich sah nicht, dass der Andere wässrige Augen, stinkenden Atem und ein fahlgelbes Gesicht hatte.
Ich sah nicht, dass ich wieder auf dem besten Wege war, den nächsten Kampf zu verlieren. Ich sah nie vollkommen klar. Ich hatte immer eine rosarote Brille auf. Heute weiß ich, dass mein Geist krank war. Heute weiß ich, dass Alkoholismus auch eine Krankheit des Geistes ist, Der Alkohol beeinflusste mein Denken, Er verfälschte die Tatsachen. Er verkleinerte die Gefahr und er vernebelte mein Hirn. Wenn man das Hirn als Sitz des menschlichen Geistes betrachtet, muss man zugeben, dass die Einwirkung des Alkohols auf die Hirnzellen an den Fundamenten des Geistes rüttelt. Mein Geist war krank.  Mein Denken war alkoholisch. So trank ich z. B. immer zu den unvernünftigsten Zeitpunkten. Ich trank immer dann,. wenn jeder vernünftig denkende Mensch bestrebt war, nüchtern und klar zu sehen. Ich trank, bevor ich eine Fahrt mit dem Auto antrat  Ich trank, bevor ich eine schwierige Arbeit begann. Ich trank, bevor ich zum Arzt oder zum Rechtsanwalt ging.  Ich trank, bevor ich mich mit anderen Menschen auseinandersetzen sollte.  Ich trank, wenn ein Problem auf mich zukam.  Immer trank ich im falschen Moment, Ich trank zur Beerdigung meines Vaters und machte die Trauergesellschaft besoffen.  Ich trank vor meiner Ehescheidung und stand mit einer Fahne vor dem Richter.  Ich trank während der Arbeit und versuchte meinen Mundgeruch zu verbergen. Ich trank, wenn ich mich freute und trank, wenn ich mich ärgerte und oft ärgerte ich mich, weil ich getrunken hatte.
Ich musste mir auf dem Tiefpunkt meiner Trinkerlaufbahn eingestehen, dass der Alkohol eine Kraft darstellte, die größer war, als ich selbst. Und immer wieder nahm ich den Kampf gegen diese Kraft auf - Und immer wieder war ich der Verlierer. War mein Verstand noch normal? War ich noch zu retten? Selbst nach meiner Kapitulation dauerte es noch lange bis zum zweiten Schritt. Ich war zwar trocken, aber nicht nüchtern. Mein Denken war immer noch alkoholisch und in diesem Denken wies ich jeden Verdacht auf eine geistige Schädigung durch den Alkoholmissbrauch weit von mir.  Ich war in jener Euphorie der ersten Nüchternheit, in der der Stolz, es geschafft zu haben, die rosarote Brille in, eine lilablaue verwandelte.

Ich war trocken besoffen

Natürlich wollte ich in diesem Stadium zunächst einmal das ganze A.A.-Programm gründlich reformieren. Das Geschwafel um jene Kraft, die größer sein sollte, als ich selbst, hing mir langsam zum Halse heraus. Schließlich habe ICH doch endlich bewiesen, dass ich gegenüber dem Alkohol Kraft gewonnen habe. ICH saufe ja nicht mehr.
ICH habe doch meine Willensstärke bewiesen! Es wurde mir nicht bewusst, wie fürchterlich der Alkohol auf meine Hirnzellen eingewirkt hatte. Obwohl mir in meiner aktiven nassen Laufbahn oft der Film gerissen ist und etliche Stunden bei der großen Inventur von mir nicht mehr nachgewiesen werden können, meinte ich schon wieder, im vollen Besitz meiner geistigen Kräfte zu sein. Obwohl ich jeden Abend dreimal denselben Käse als Tagesneuigkeit von mir gab und nicht wusste, was ich bereits erzählt hatte und was nicht, glaubte ich geistreich zu plaudern. Obwohl ich ein Musterbeispiel meiner eigenen Vergesslichkeit war, glaubte ich an meine Zuverlässigkeit.

Eine hinterhältige Krankheit

Heute weiß ich, dass es noch lange Zeit braucht, bis mir meine volle geistige Gesundheit wiedergegeben ist. Ich weiß auch, dass mir dabei kein Arzt und keine Medikamente helfen können. Bei mir sind einige hunderttausend Hirnzellen durch Alkohol abgetötet - und Tote kann man nicht wieder zum Leben erwecken. Nervenzellen, die einmal zerstört sind, wachsen nie mehr nach. Sie regenerieren sich auch nicht. Das ist unabhängig vom Alter. Nein: Ich kann nur dafür Sorge tragen, dass der Trümmerhaufen nicht größer wird. kann meine Krankheit zum Stillstand bringen, indem ich nichts mehr trinke. Aber auf die Wiederherstellung meiner geistigen Gesundheit kann ich nur hoffen.

Hoffnung, aber woher nehmen?

Als Kranker kann ich mir die notwendige Kraft und Hoffnung nicht selbst vermitteln, Ich brauche Hilfe von außen. Und ich muss bereit sein, diese Hilfe anzunehmen.
Das war nicht so einfach. Ich, der ich alles besser wissen wollte. Ich, der sich etwas auf sein Wissen einbildete  Ich, sollte mich belehren lassen? Wieder waren es meine A.A.-Freunde, die mir weiterhalfen. Ich begriff, dass der Alkohol eine Kraft war, die mich in die Knie gezwungen hatte. Ich habe selbst immer wieder bitter dagegen angekämpft und unzählige Male den Kürzeren gezogen. ich begriff, dass nur eine Kraft, die größer ist als ich selbst, mich wieder aufrichten kann. Immer wieder fand ich diese Kraft bei meinen neuen Freunden. Ich klammerte mich an diese Kraft und erhoffte die erlösende Befreiung von der Flasche. Durch regelmäßigen Meetingbesuch wurde ich im Glauben an diese Kraft in der Hoffnung auf eine Erlösung bestärkt. Zwar verstand ich noch nicht alles, was erfahrene staubtrockene Alkoholiker diesen neuen Lebensweg, über eine geistige Haltung und über die "HÖHERE MACHT" erzählten. Vor allem von "GOTT" hatte ich gar keine Meinung. Doch die Tatsache, dass meine Freunde jahrelang nüchtern waren, sprach für ihr Programm. Da mich auch keiner bekehren wollte, hielt ich es mit dem Alten Fritz, der wohl sagte: "Du musst die Meinung des anderen nicht akzeptieren, aber Du solltest sie respektieren!" Ich begriff, dass man von mir Toleranz forderte. Ich versuchte tolerant zu sein. Nach einiger Zeit aber wurde ich auf diese Brüder irgendwie neidisch, wenn nicht sogar eifersüchtig. Ich fühlte mich nämlich in meiner Haut nie wohl, wenn man ein Meeting mit dem "Gelassenheitsspruch" beendete. Das Gefühl war unbeschreiblich. Einmal ärgerte ich mich, dass ich diesen einfachen Spruch trotz stetiger Wiederholung nicht im Kopf behalten konnte, was offensichtlich ein Zeichen meiner Geistesschwäche war. Und zum anderen konnte ich nicht verstehen, dass sich Alkoholiker, die sich in heißen Debatten die Meinung vergeigt hatten, nach diesem Spruch gelassen unterhielten, als hätten sie nie eine Meinungsverschiedenheit gehabt. Als ich einmal einen Freund um Aufklärung bat, was er sich denn unter diesem GOTT vorstelle, den er um Gelassenheit bittet, bekam ich zur Antwort:

NICHTS, was DIR helfen kann.

Bei uns macht sich jeder seine
eigene Vorstellung
von GOTT.

Diese Worte werde ich nie vergessen. Obwohl sie mir zuerst überhaupt nichts sagten, fand ich später ihre tiefe Bedeutung. Ich wollte es immer einfach haben und hatte versäumt meinen Geist ständig zu schärfen. Also wollte ich auch, dass mir irgend einer meiner neuen Freunde eine hieb- und stichfeste Erklärung über die Sache mit GOTT mundgerecht auf dem Teller präsentiert. Das war doch wohl viel bequemer, als sich selbst den Kopf zu zerbrechen, was es mit dieser höheren Kraft auf sich hat.
Erstens kam ich mir ziemlich ungebildet vor und zweifelte an meinem Verstand, wenn kluge Leute in Wort und Schrift über GOTT sprachen. Und zweitens kam Neid und Missgunst in mir auf, wenn ich einfache Menschen gläubig beten sah. So sehr ich meinen Geist auch anstrengte, ich kam nicht dahinter. Wahrscheinlich lag's am Geist.
Der zweite Schritt wurde mein Problem. Einerseits sollte ich zugeben, dass ich geistig krank bin und andererseits sollte dieser kranke Geist einen Glauben aufbringen.
Irgendwo biss sich die Katze in den Schwanz Es dauerte über zwei Jahre, bis ich klarer sah. In der Zwischenzeit blieb ich trocken, indem ich täglich den ersten Schritt wiederholte. Oft war das Verlangen so stark, dass ich den 24-Stunden­Plan in einen 6-Stunden-Plan änderte, d. h. ich schob das "erste Glas" immer vor mir her. Dabei wurde ich immer unzufriedener. Es war ein zermürbender Kampf. Ich wurde nervös, unkonzentriert und selbst die Fliege an der Wand störte mich, Mein Zigarettenverbrauch stieg unheimlich. Und immer wieder sprachen meine Freunde von der Gelassenheit. War ich denn von allen guten Geistern verlassen?. Warum konnte ich nicht begreifen? Als mir wieder einmal der Gaul durchgehen wollte, brach es plötzlich aus mir heraus:

  GOTT gib mir die Gelassenheit, die Dinge anzunehmen, die ich nicht ändern kann!

Ich sagte es laut vor mich hin - und eine wohltuende Ruhe überkam mich. Seitdem habe ich den Spruch tausendmal wiederholt, ohne mir dabei bewusst zu werden, wen ich mit meiner Bitte ansprach. Auf mich wirkte der Spruch wie eine beruhigende Medizin, So wurde ich mit der Zeit innerlich ausgeglichen und meine Gedanken ordneten sich. Beruflich klappte alles wie am Schnürchen und das verleitete mich bald zu der Annahme, dass es mit meinem kranken Geist gar nicht so schlecht steht. Das war aber ein Trugbild. Zwar beherrschte ich das früher Gelernte bald wieder, doch das war Routine. Das Zulernen", das "mit der Entwicklung gehen" die stetige Weiterbildung, fiel mir sehr schwer. Mein Gedächtnis schien keine weiteren Speicherzellen mehr zu haben. Alles, was nach diesem großen Trauerspiel noch an brauchbarer Hirnsubstanz übrig geblieben war, war ausgebucht.

  Stillstand ist ein halber Rückfall!

sagten meine Freunde.

Ich sah midi schon wieder am Rande des Abgrundes. Es war ein stetiger Kampf, der meine Kräfte verzehrte. Doch immer wieder konnte ich feststellen, dass ich aus jedem Meeting gestärkt hervorging. Ich konnte gar nicht genug Meetings besuchen und bald bekam ich die Überzeugung, dass meine Gruppe ein unerschöpflicher Kraftquell war. Befreit vom alkoholischen Denken erkannte ich:

In den nassen Jahren stellte der Alkohol eine Kraft dar, gegen die ich machtlos war. Nun gab mir die Gruppe die Kraft, dem Alkohol zu widerstehen.

So wurde mir klar, dass nur eine Kraft, die größer ist, als ich selbst, mir meine Gesundheit wiedergeben kann, Diese Erkenntnis war gleichbedeutend damit, dass ich endlich aus dem Sattel stieg und wieder zu Fuß ging. Noch keiner ist auf dem hohen Ross nüchtern geblieben. Ich lernte in Demut begreifen.

DEMUT

Dieses Wort bedeutet für mich weniger "Unterwürfigkeit", sondern vielmehr "Ehrfurcht". Es war die Anerkennung des anderen. Die Ehrfurcht vor dem Geschöpf.
Die Demut vor dem Schöpfer. Ich kam wieder in die richtige Relation. Man setzte mich wieder auf den Stuhl, der auf dieser Welt für mich bestimmt war.

Geistiges Wachstum durch lernen

So wurde ich bereit zu LERNEN. Lernen - das ist der Weg, der zur geistigen Genesung führt. Lernen - das heißt auch annehmen", Lernen heißt, das Wissen der Menschheit "akzeptieren". Ich lernte die Menschen, denen ich in meinen nassen Jahren die Schuld an meinem Unglück in die Schuhe geschoben hatte, wieder zu achten.
Und langsam stieg meine Selbstachtung. Dabei war ich immer bedacht, in der Mitte zu bleiben. Als Alkoholiker, der ich immer bleiben würde, war mir ein gut ausgefüllter Posten im Mittelstand bekömmlicher, als der Seiltanz unter den oberen Zehntausend. Über mir musste noch Platz bleiben. Raum für eine Kraft, die größer war als ich selbst. Diese Kraft wurde langsam ein Begriff für mich  Zwar konnte ich mir davon kein Bild machen, keine konkrete Vorstellung - aber ich konnte an sie glauben.

Mein Glaube


Dieser Glaube verstärkte sich mit jedem Tag meiner Nüchternheit, denn ich fühlte das Fortschreiten meiner Genesung. Dabei erkannte ich immer mehr, welche Fehler ich gestern und vorgestern gemacht hatte und wie verworren doch meine Gedanken in der Vergangenheit waren. Durch den Glauben an eine Kraft, die größer war, als ich selbst, lernte ich klarer zu sehen. Damit verband sich die Hoffnung, dass die Genesung weiter voranschreitet. Glauben und hoffen, sowie der ständige Vergleich mit der Denkweise meiner Vergangenheit brachten mich zu der Überzeugung, dass ich auf dem richtigen Wege war. Dieser Weg war steinig. Es wurde mir nichts geschenkt. Oft versuchten midi nahestehende Menschen von diesem Weg abzulenken. Nachdem man sich von meiner Nüchternheit überzeugt hatte, wollte man so manche meiner früheren Eigenheiten ohne Alkohol wecken. Man versuchte, midi an die schönen Stunden meiner alkoholischen Vergangenheit zu erinnern, denn nicht alles war stets Katzenjammer. Ich witterte instinktiv eine Falle. Ich spürte Gefahr.

Alarmstufe I. !

Nein! Nicht vom Weg abgehen. jeder Gefahr weit aus dem Weg gehen und sei sie noch so klein. Ich habe gelernt, dass ich als Alkoholiker kein Risiko eingehen darf. Oft kann diese vielleicht übertriebene Vorsicht dazu führen, dass man von seinen Angehörigen nicht mehr verstanden wird, dass man seine Freunde vor den Kopf stößt, dass man liebgewordene Menschen verliert Das muss man in Kauf nehmen. Man muss den Weg, der aus dem Tiefpunkt des Lebens nur nach oben führen kann (denn tiefer geht's nicht), unbeirrt gehen. Dorthin, wo ich eines Tages vor meinem höchsten Richter stehen werde und  Rechenschaft über viele 24 Stunden legen muss.

 


Der dritte Schritt

Ich fasste den Entschluss, meinen Willen und mein Leben der Sorge Gottes,  so wie ich ihn verstehe anzuvertrauen. Zuerst war es Kampf. Ein nervenzermürbender Kampf um jede alkoholfreie Stunde. Und jeder "trockene" Tag war eine gewonnene Schlacht. Das Selbstvertrauen stieg und hoffnungsvoll begann ich die Welt mit anderen Augen anzuschauen. Ich fand mich in einer ganz neuen Welt wieder. Die Blumen blühten anders. Die Vögel sangen anders. Und die Menschen waren anders.
Ich lebte auf und fühlte mich glücklich und zufrieden. Ich war wie neu geboren. Man muss selbst durch diese Hölle gegangen sein, um zu ermessen, was es bedeutet, wenn man heute weiß, was man gestern getan und gesagt hat. Doch dieses Hochgefühl, diese Euphorie der ersten Nüchternheit, klang nach einigen Monaten langsam ab. Mit dem nachlassenden Zwang zum Trinken verlor ich die Kampfkraft. Zwar blieb die ständige Wachsamkeit vor dem "ersten Schluck", doch bald ging es wieder zur Tagesordnung über. Leider musste. ich feststellen, dass auch diesem Rausch der ersten Nüchternheit ein erbärmlicher Katzenjammer folgte. Je klarer meine Gedanken wurden, desto deutlicher erkannte ich den Trümmerhaufen meiner Vergangenheit.

Erst in der Nüchternheit übersieht man den Trümmerhaufen

Was habe ich doch alles zusammengeschlagen. Scherben,  nichts als Scherben. Von enttäuschten Menschenherzen bis zu zerbeulten Autowracks. Überall Scherben, Schulden, Schatten. Ein verlorener Krieg. Gähnende Leere breitete sich in mir aus. Selbst meine neuen Freunde konnten mir nicht weiterhelfen, Sollte mein ganzes Leben ein ewiges Auf und Ab sein? Ich war verzweifelt, doch nach Außen ließ ich mir nichts anmerken..... denn wie's da drin aussieht, geht niemand was an. Meine Nächsten hatten mich nicht verstanden, als ich trank, viel weniger verstanden sie meine Nüchternheit. Für sie hatte ich aufgehört zu saufen und damit war der Fall erledigt. Ich blieb allein. Ohne Flasche. Ein befreundeter Arzt machte mir klar, dass die Flasche ein riesiges Loch in mir hinterlassen hatte. Ein unausgefülltes Loch in meiner Seele. Er legte mir nahe, mich nun mit dem geistigen Teil des A.A.-Programms zu beschäftigen und bot mir seine Hilfestellung an. Doch immer wieder lehnte ich mich auf. Bin ich bisher nicht ganz gut ohne fremde Hilfe fertig geworden?. Was soll das Gerede von Gott? Schließlich hat weder meine Sauferei noch meine Nüchternheit irgend etwas mit meiner religiösen Einstellung zu tun.

Religiöse Einstellung? Hatte ich überhaupt eine?

Ich hatte keine Einstellung, weil ich keine Ahnung hatte. Keine Ahnung von dem, was andere Menschen glauben lässt. Ich hörte nur das, was irgend ein Pfarrer während meiner zufälligen Anwesenheit in der Kirche irgendwann von irgendeiner Kanzel sprach. Und diese Sprache verstand ich beim besten Willen nicht. Was sollen die Märchen von der jungfräulichen Empfängnis und den Heiligen drei Königen, die einem Stern nachgingen. Das war doch nichts für erwachsene Leute. Und weil mir diese Volksverdummung nicht gefiel, lehnte ich die Kirche und alles was damit zusammenhing rundweg ab. Ich meinte, die Kanzelredner wollten mir unbedingt weismachen, dass Gott im Himmel auf einer Wolke sitzt und bei allen Menschen die Fäden des Marionettenspiels zieht.

 Ohne Toleranz gibt es keinen Weg zur höheren Kraft.

Ich meinte, dass beten "BITTEN" heißt und ich mich mit jedem Gebet zum Bettler degradieren sollte. Dass "BETEN" einer Zwiesprache mit einer höheren Kraft gleichzusetzen ist, lernte ich viel später. Meine Einstellung begründete sich in der sturen Ablehnung aller Vorstellungen, die nicht in meinen Rahmen passten und für die in meinem Gehirnkasten keine Schublade frei war. Ich war eigensinnig, voreingenommen und von Toleranz war keine Spur. Um nicht zuzugeben, dass ich Unrecht hatte, wich ich jeder Diskussion von vornherein aus. Ich war nicht streitsüchtig, denn wozu streiten, wenn ich doch recht hatte. Deshalb konnte man sich auch nur schwer mit mir unterhalten. Ich blieb still und zurückhaltend. Nur der Alkohol hätte meine Zunge lösen können. Doch dieses Problem hatte ich scheinbar überstanden.
Ich hatte mein Leben lang immer wieder bewiesen, dass ich nicht wie andere Menschen in der Gesellschaft trinken kann - und saufen wollte ich nicht mehr. 

Gott ist kein himmlisches Wesen

Zweieinhalb Jahre nach dem letzten Schluck hatte ich ein Erlebnis. In einer kleinen Gemeinde hörte ich zufällig einen Pfarrer, der offen und ehrlich von seinen eigenen Schwierigkeiten mit Gott sprach. Er sprach davon, dass wir vieles, was wir früher über Gott gelernt haben, vergessen müssen. Vielleicht sogar das Wort selbst. Er sagte: "Gott ist kein himmlisches Wesen, sondern eine höhere Kraft!" Er sagte: "Gott sei keine Projektion ins jenseits, nicht irgendein Anderes über den Wolken, von dessen Vorhandensein wir uns zu überzeugen hätten, sondern Gott ist in uns. Gott ist der Grund unseres Seins." Ich erinnere mich noch genau, was für eine Erleuchtung diese Worte damals für mich bedeuteten. In dieser Nacht tat ich etwas, was ich so intensiv weder vorher noch nachher wieder getan habe:

Ich betete

Ich lenkte meine Gedanken zu einer höheren Kraft, die der Grund meines Seins, meines Lebens, meines Geistes war und ich bekam Kontakt. Ich fand Gott nicht in der Höhe, sondern in der Tiefe. In der Tiefe meines Herzens, dass ich verschlossen hatte. In der Tiefe meines Lebens. Dieser Kontakt war so innig, dass mich ein unbeschreibliches Glücksgefühl erfüllte. Ich wusste nun, dass Gott da ist. In mir. In Dir. In jedem Lebewesen, In jedem Tier. In jeder Pflanze. Überall. Und ich konnte mir vorstellen, dass Gott viele Namen hat. Jehova, Buddha, Konfuzius, Wotan, Zeus, Max, Paul, Maria, Hasso, Bär, Blume, Rose, Blatt .... Wie sagte doch mein Freund Dr. Lechler: "Wer eine Rose beschreiben will, darf sie nicht in ihre chemischen Bestandteile zerlegen, sondern er muss sich ihrem Duft aussetzen." Wer über Gott wissen will, muss sich ihm aussetzen, muss sich ihm öffnen. Diesen dritten Schritt kann man nicht erzwingen. Man kann ihn weder lernen noch erkaufen. Ich betrachte ihn als geistiges Erlebnis, das zu seiner Zeit zu jedem Menschen kommt, der sein Herz geöffnet hält. Man muss Geduld haben, jahrelang. Dieses Erlebnis erfüllte mich unbeschreiblich. Man sah es mir an.

Jeder muss sich seine eigene Vorstellung von Gott machen

Natürlich verfiel ich gleich in den nächsten Fehler. Ich meinte, dass ich nun alle Welt überzeugen müsse, was an der Sache mit Gott nach meiner Meinung nun wirklich dran ist. Ich konnte nicht verstehen, weshalb meine Freunde kalte Füße bekamen, wenn ich ihnen meinen neuen Glauben aufzudrängen versuchte. In typisch alkoholischer Denkweise wollte ich alle bekehren, die noch zweifelten.  Ich war der Bischof - und schon wieder trocken besoffen. Fast hätte ich mir meinen eigenen Glauben zerredet. Ich Narr! Heute weiß ich, dass meine Vorstellung von Deiner Vorstellung recht verschieden sein kann. Ich weiß, dass alle Vorstellungen der höheren Kraft richtig sein können und das beweist mir ihre Größe. Ich glaube an einen Gott, der größer ist, als wir selbst, Für mich ist es unbedeutend, dass ich diese höhere Kraft wie so viele meiner Mitmenschen Gott nenne. Was bedeutet schon eine von Menschen gegebene Bezeichnung. Was kümmert´s ihn? Nachdem ich in meinem bisherigen Leben versucht hatte, stets meinen Willen durchzusetzen und immer wieder ins Bierglas gefallen war, gab ich endlich auf. Ich war so weit

Nicht mein Wille geschehe, sondern Dein Wille geschehe

Ich erweiterte meine Kapitulation. Nach meiner eigenen persönlichen Meinung sind die Schienen zu dem für mich bestimmten Lebensziel bereits fest verlegt.
Ich muss nur auf diesen Schienen fahren können. Wenn ich entgleise, dann bin ich schlecht gefahren. Dann ist es meine Schuld. Dann darf ich midi nicht bei dem beschweren, der mir die Chance bot, das Ziel zu erreichen. Früher meinte ich, dass ich die Gleise meines Lebensweges selbst verlegen kann. Dass ich die Weichen richtig stelle, dass ich den Fahrplan bestimme. Heute weiß ich, dass mir diese Aufgaben nicht zustehen. Ich weiß aus der Erfahrung meiner Katastrophen, dass ich einem Fahrplan folgen muss, den eine höhere Dienststelle aufgestellt hat. Natürlich ist es wichtig, dass ich dieser höheren Kraft vertraue. Aber weshalb soll ich zweifeln, wenn diese höhere Kraft den Ablauf der Gezeiten garantiert, wenn die Bahnen der Sonne und ihrer Planeten exakt verlaufen, wenn die Sternbilder seit Menschengedenken am nächtlichen Himmel stehen, wenn es Frühling wird, wenn mein Kind lacht und wenn ich heute nüchtern bin. Immer wenn ich früher aus den Schienen sprang, war ich selbst dran schuld. Ich wollte immer anders sein, als ich geboren wurde. Ich wollte Fahrdienstleiter sein, nicht Zugführer. Und so vergewaltige ich meine Lebenslokomotive. Ich Narr! Oder ist es, um ein anderes Beispiel zu nennen, normal, wenn ein Autofahrer statt mit Benzin und Öl mit reinem Alkohol fährt? Ich bin immer mit reinem Alkohol gefahren. Manchmal kam ich auch damit sehr schnell vorwärts doch bald war mein Lebensmotor defekt.

Vergewaltigung durch flüssige geistige Nahrung

Die Kolben hatten sich gefressen. Ich hatte das Schmieröl vergessen. Das richtige Gemisch. Meine A.A.-Freunde stärkten meinen Glauben. Immer wieder durfte ich erleben, wie der eine oder der andere Freund plötzlich mit einem glücklichen zufriedenen Gesichtsausdruck zum Meeting erschienen und über seinen dritten Schritt berichtete. Der eine war Atheist und fand seinen Glauben, als er einen hilferufenden Säufer ans trockene Land zog.  Der andere fand Gott in seiner eigenen Ohnmacht und Verzweiflung. Und ein dritter hatte sein Erlebnis, als er im Krankenhaus vor der Amputation seines Beines stand und aus dem Fenster schauend einen querschnittgelähmten jungen Menschen im Rollstuhl erblickte. Alle diese Freunde waren schon über ein Jahr nüchtern, als sie ihre Erlebnisse hatten. So wurde mir klar, weshalb meine besoffenen Gebete kein Echo fanden. Ich hatte mich selbst entwürdigt.

Und neues Leben wächst aus den Ruinen

Wie konnte ich mich dem Duft der Rose aussetzen, wenn ich die Umgebung mit meinem eigenen Gestank verpestete? Wie konnte ich die Kraft Gottes erkennen, wenn mein Blick getrübt war? Nachdem ich nüchtern blieb, lernte ich wieder sehen und hören und begreifen. Ich erlebte meine Wiedergeburt. Wo waren diese intensiven Eindrücke in den vergangenen Jahren der Dunkelheit? Ein neues Leben begann. Ich lernte wieder laufen. Ich lernte meine Umwelt kennen. Und ich lernte mit meinem kleinen Sohn, der diesbezüglich 2 Jahre älter ist als ich, beten und an Gott glauben. Mein Sohn war mein Sponsor. Dieser Glauben hilft uns beiden. Er ist hier der Trost über ein zerbrochenes Spielzeug und da der Trost über ein zerbrochenes Leben.

Ein Entschluss, den keiner bereuen muss

Er ist aber auch die Triebfeder für weitere 24lStunden Nüchternheit. Denn nur nüchtern kann ich meinen Zug wieder auf den Gleisen rollen lassen. Meinen Zug - mein Leben. So fasste ich den Entschluss, meinen Willen und mein Leben der Sorge Gottes anzuvertrauen. Gott - so wie ich ihn verstehe. Ich fahre damit gut. Schon Jahre.

Bin ich ein Sklave Gottes?

Die Weichen sind richtig gestellt, denn ich habe schon wieder viel erreicht, was ich mir vorher nicht träumen ließ. Das gibt mir Zuversicht. Das stärkt mein Vertrauen.
Mein Leben ist ausgeglichen. lch fahre das richtige Gemisch. Manch einer wird mir vielleicht entgegnen, ich hätte mit diesem Entschluss meine Freiheit aufgegeben.
Statt Sklave des Alkohols wäre ich nun ein Sklave Gottes. Was für ein Unsinn. Sind die Wegebenutzer Sklaven der Wegeerbauer?

A.A. - die Brücke zur höheren Kraft
 
Ermöglichen es uns nicht erst die Wege, dass wir uns frei bewegen können? Erst wenn man seinen Weg gefunden hat, ist man frei und nicht mehr gefangen im Dschungel des alkoholischen Denkens. Selbstverständlich muss ich mir die Steine selbst aus dem Weg räumen, denn viele sind Trümmer meiner eigenen Vergangenheit. Aber es geht vorwärts. Ich habe ein Programm. Ich betrachte die Meetings der Anonymen Alkoholiker als Meilensteine am Wegrand. Wenn ich wenig Meetings besuche, komme ich nur langsam voran. Dabei kann man mich leicht aus dem Gleis werfen. Das ist nicht gut. Fahre ich jedoch zu schnell, übersehe ich die Kurve oder kann sie nicht richtig einschätzen und Fliehkräfte schleudern mich aus den Schienen.
Alles liegt an mir. Ich bestimme das Tempo. Das ist meine Freiheit. Wenn Dir das nicht genügt, dann kannst Du ja anhalten, aussteigen, rückwärtslaufen. Das ist Deine Freiheit.

12 Schritte zur geistigen Freiheit


Du kannst auch wieder Trinken, wenn Du meinst, dass das die wahre Freiheit ist. Von mir aus, bis Dir der Schnaps zu den Ohren rausläuft. Das ist Deine Sache. Nicht die meine. Ich habe mich entschlossen diesen Weg zu gehen. Den Weg der 12 Schritte der A.A.. Obwohl ich am Anfang ständig an diesem Fahrplan herumbastelte und ihn ändern wollte, haben mir meine Freunde, die länger nüchtern sind, bewiesen, dass es der kürzeste Weg zum Ziel ist. Nur das Tempo bestimme ich. Das ist meine Freiheit. Auf meinem Weg mit Gott, so wie ich ihn verstehe.

 

Der vierte Schritt

Ich machte ohne Furcht eine gründliche Inventur meines Innern

Ich danke Gott, dass ich kein Staatsanwalt geworden bin.
Ich hätte sonst viel zu tun. Mit mir!

 Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung

Nach diesem Motto versuchte ich meine Inventur. Es wurde verdammt schwer. Schwer, weil ich immer wieder vor eine Mauer rannte, auf der in großen Buchstaben stand: "WARUM HABE ICH GETRUNKEN?" Meine A.A.-Freunde gaben mir am Anfang meiner Nüchternheit den Rat, meinen Geist nicht an diesem "WARUM?" zu strapazieren, Ich hätte auch am Anfang keine wahre Antwort finden können, denn mein Geist war viel zu krank, um hier klar durchzublicken. Ich ertappte mich immer wieder, wie ich die Schuld auf andere schob. Damals meinte ich, meine Frau war schuld, dass ich soff. Was sollte ich denn anders tun, wenn sie sich mir verweigerte. Was bleibt denn einem Mann übrig, dessen Frau im Bett nichts mehr von ihm wissen will? Soll er fremd gehen? Soll er sich eine Geliebte suchen? Da war es doch anständiger ins Wirtshaus zu gehen und seinen Kummer runterzuspülen, Die Saufkumpane verstanden mich wenigstens.  Heute weiß ich, dass sich meine Frau verweigerte, weil sie sich vor meiner Alkoholfahne ekelte. Weil es sie abstieß einen klatschnass geschwitzten Mann im Bett zu liebkosen. Weil sie mein Gelalle und läppisches Gefummle keineswegs als Liebesspiel empfand. Damals meinte ich, mein Chef war schuld, dass ich soff. Ich hatte so einen schönen Posten im technischen Außendienst einer Behörde. Ich war mein eigener Herr. Und auf einmal sollte ich dafür nicht mehr geeignet sein?  Ich sollte plötzlich am Schreibtisch verkümmern?
Das konnte ich nicht ertragen! Heute weiß ich, dass ich mit meinem narkotisierenden Atem für den Außendienst nicht mehr tragbar war. Weder am Steuer eines Dienstwagens, noch beim Besuch der Kunden. Damals meinte ich, die Dienstaufsichtsbehörde war schuld, einen so guten Beamten, wie ich es war, auf die Straße zu setzen. Heute weiß ich, dass ich das meiner Sauferei zu verdanken hatte. Damals    war mir schon alles gleich, als sich meine Frau scheiden ließ, während meine schwangere Freundin einen Selbstmordversuch unternahm. Ach wie habe ich mich bedauert und betröpfelt. Heute weiß ich, dass ich gegenüber dem Alkohol machtlos war und mein Leben nicht mehr meistern konnte. Aber all das braucht seine Zeit. Ich bekam diese Erkenntnis nicht an dem Tage, da ich das erste Glas wegließ. Da war es für mich viel zu gefährlich, an die Vergangenheit zu denken. Wie leicht wäre ich wieder gekippt. Nach meiner persönlichen Erfahrung sollte ein Alkoholiker erst dann mit seiner Inventur beginnen, wenn er sich stark genug fühlt, d. h. wenn er ein gesundes festes A.A.-Polster unter dem Hintern hat. Ich kenne einige Freunde, die an ihrer Inventur gescheitert sind und hoffnungslos ertranken. Deshalb sprechen wir auch zu unseren neuen Freunden: 

"Das Gestern ist vorbei, das Morgen ist noch Illusion, auf das Heute, auf diese 24 Stunden kommt es an."

Wir raten ihm, einen Strich unter seine Vergangenheit zu machen und neu zu beginnen.

"Lass Dir Zeit, lieber Freund, sonst sitzt Du vor der Flasche und sinnierst, weshalb Du trinkst!" Das führt zu keiner Lösung! Das ist Gefahr! Und das führt auch zu keiner Nüchternheit!
Es wäre aber verkehrt, wenn man daraus schließen wollte, die anonymen Alkoholiker lehnen mit ihrem 241-Stunden-Programm jeden Gedanken an die Vergangenheit, jede Ursachenforschung, ab. Das kann ich für mich keinesfalls behaupten. Für mich war der 24-Stunden-Plan der erste Teil dieses wunderbaren Programms, der mich trocken werden ließ. Die Nüchternheit kam Jahre später und erst dann wagte ich mich an alle 12 Schritte. Was unterscheidet denn diesen 4. Schritt von einer Ursachenforschung? Ist nicht die nüchterne Selbsterkenntnis die erste Voraussetzung für die Beantwortung des "WARUM"'? Natürlich stellte sich auch mir die Frage, weshalb soll man denn in der Vergangenheit herumwühlen und danach forschen, weshalb man nun eigentlich gesoffen hat. War es nicht besser, alles ruhen zu lassen und versuchen neu anzufangen? Ich wurde bald belehrt. Es war wieder ein Arzt, der mir klarmachte, dass mein unkontrolliertes Trinken auf Fehlhaftungen und Fehlveranlagungen zurückzuführen ist. Und wenn ich meine Fehler nicht erkenne, wenn ich meine Veranlagung nicht erkenne, wenn ich nicht an mir arbeite, dann besteht die große Gefahr, dass ich das Vergangene wiederhole und dadurch wieder auf die Nase falle. Deshalb mache ich Inventur. Deshalb versuche ich mich selbst zu erkennen  Deshalb brauche ich den 4. Schritt.

Selbsterkenntnis durch Gruppentherapie

Bei dieser Selbsterkenntnis halfen mir die Erfahrungen vieler A.A.-Freunde. Hier konnte ich mich bei ungezählten Meetings immer wieder vergleichen. Ich fand meinen Spiegel. So, wie man den Splitter im Auge des Freundes, aber den Balken nicht im eigenen Auge sieht, so bekämpfe ich meine alkoholische Blindheit, die nach den Worten unseres Freundes Dr. Lothar Schmidt zu den gefährlichsten Augenkrankheiten zählt. Was waren nun meine Erkenntnisse? Zunächst fand ich heraus, dass ich mich auf meinen Geist allein nicht mehr verlassen durfte, denn da war allerhand durcheinander. Besser war schon der Geist mehrerer nüchterner Menschen. Also begann ich auf den Rat meiner Freunde zu hören.

 Alkohol - ein Medikament?

Ich musste meinen Eigensinn bekämpfen, meine Rechthaberei. So erkannte ich langsam, dass nicht die anderen schuld waren, dass ich trank, sondern dass ich jedes Glas gegen mich selbst erhob. Bald erkannte ich auch, weshalb ich immer in den ungeeignetsten Augenblicken trank. Ich wollte anders sein, als ich wirklich war.  Ich trank z. B. bevor ich einen Fremden oder gar eine Frau ansprechen konnte, weil ich mich dann sicherer fühlte. Ich trank vor jeder Autofahrt, oder einem Flug, weil ich mich dann sicherer fühlte. Ich trank vor jeder schwierigen Lebenslage, um sie sicherer zu bewältigen. Ich trank, weit mir Selbstsicherheit fehlte. Dabei nahm ich den Alkohol als Medikament. Er war eine Droge, die mir das gab, was mir fehlte: Selbstsicherheit,

Eine Flasche und tausend Ausreden

Meine Unsicherheit war schließlich auch Ursache, dass ich schwierigere Ziele auf krummen Touren zu erreichen suchte. Da ich von meinem eigenen Können oft nicht sehr überzeugt war, täuschte ich meine Umwelt und war manchmal überrascht, wenn mir etwas gelang,  was ich nie für möglich gehalten hätte. So betrog ich mich selbst durch Alkohol. Zwar gaukelte mir der Alkohol vor, das er mein bester Freund sei, doch jedes Mal, wenn ich ihn durchschaute, war es schon zu spät und ich war wieder um ein Problem reicher. Nun begann ich erst recht Theater zu spielen, zu lügen und tausend Ausreden zu finden, Dadurch vorbaute ich mir natürlich den Weg zur Nüchternheit, denn nach dein Motto

"Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht."

dauerte es sehr lang, bis ich mich durch mein Verhalten wieder glaubwürdig werden ließ. Wenn man mich z. B. fragte, was ich in X-Stadt mit einer blonden Frau zu einer Zeit zu besprechen hätte, in der ich normalerweise meiner Arbeit nachgehen müsste, stritt ich instinktiv ab, dort gewesen zu sein. Ich leugnete immer dann, wenn ich meinte, der andere könne die Wahrheit nicht vertragen. Wohl weil ich sie selbst nicht vertrug. Immer wenn mir jemand die Wahrheit sagte, griff ich zur Flasche, Doch damit ist eine Inventur nicht abgetan. Ich versuchte meine Triebkräfte einzuschätzen und mit dem zu vergleichen, was unsere Gesellschaftsordnung normal nennt.

Ein geheimnisvoller oraler Trieb

Ich versuchte in harter Selbstprüfung herauszufinden, wo meine fehlgeleiteten Triebe Schaden anrichteten. Den meisten Schaden hatte ich selbst. So erkannte ich, dass mein Trinken auch auf Genusssucht abzielte. Es war ein geheimnisvoller oraler Trieb, den ich befriedigte. Oh - ich war am Anfang meines Durstes sehr wählerisch. Ich trank nicht jedes Glas, bloß weil der Inhalt Alkohol enthielt. Diese Genusssucht trieb mich aber auch in eine übermäßige Abhängigkeit von Zigaretten. Ich musste einfach etwas im Mund haben. Ich musste mich oral betätigen. Ich konnte nichts einteilen, ich musste es haben, solange es greifbar war. Mein Triebleben war unbeherrscht. Oft ohne Maß und Ende. Trinken, Rauchen und sexuelle Freuden wurden zur Leidenschaft, wobei ich bei letzterem oft an Selbstüberschätzung litt. Es wird gut gewesen sein, dass der erschöpfte Körper dem unbeherrschten Drang einen selbsttätigen Riegel vorschob. Und wenn ich dann mit meinem ganzen Katzenjammer allein war, versuchte ich es mit der Selbstrechtfertigung. Habe ich nicht so getan, wie es mir zusteht? War das nicht alles mein gutes Recht? Hatte ich nicht so viel nachzuholen, was mir dieser verdammte Krieg in meiner Jugend vorenthalten hat? So war ich unbelehrbar und wurde zum Einzelgänger, dem kein Mensch Verständnis entgegenbringen wollte. Ich bedauerte mich. Ich fühlte mich vom Leben ungerecht behandelt, gedemütigt.

Natürlich hatte ICH immer recht

Doch das Wort DEMUT kannte ich nicht. Was sollte ich auch damit? Da ich keinen Glauben hatte, konnte ich auch mit der Demut nichts anfangen. Oder sollte ich mich anderen Menschen unterwerfen, zu Kreuze kriechen, degradieren? Schließlich war ich doch wer. Besser als die anderen. Wer mit mir auskommen wollte, sollte gefälligst nach mir richten. Und mich anerkennen! Denn das Recht war auf meiner Seite! Ich hatte immer recht, wenn ich mit Alkohol am Steuer saß; wenn ich Vorfahrt haben wollte; wenn ich die Kurven schnitt; wenn ich gegen den Baum fuhr; wenn ich Schulden machte; wenn ich meine Fürsorgepflicht vernachlässigte; wenn "sie" mich bei einem Seitensprung ertappte; wenn ich fremdes Geld ausgab.

 Nur wer ehrlich bekennt hat eine Chance

Diese Inventur ist eine harte Sache und ich hätte sie allein nie geschafft. Erst in den Meetings der Gruppe machte ich Fortschritte. Ich hörte, wie andere Freunde furchtlos Inventur machten. Ich hörte, wie sie von ihren Fehlhaltungen erzählten und wie sie sich bemühten, ehrlich zuzugeben, was sie falsch gemacht hatten. Ich hörte von den sieben Todsünden der Alkoholiker.  Sie hießen für mich:

Überheblichkeit, Zorn, Unmäßigkeit, Neid, Trägheit, Egoismus, Unkeuschheit.

Wie schwer ist es doch, diese Sünden zuzugeben. Wie schwer ist es, einzugestehen, dass man auch heute noch mit diesen Fehlern behaftet ist und ständig hart arbeiten muss, dass sie nicht zum Durchbruch kommen. Hochmut kommt vor dem Fall. Oder hast Du Dir nicht schon einmal eingebildet, dass Du mit Deiner längeren Nüchternheit schon wieder etwas Besseres wärest als jener arme Schlucker, der immer wieder Rückfälle hat und Deinen Ratschlägen nicht folgen kann?

Schädigt ein Rückfall das Ansehen der A.A.?

Kürzlich hörte ich sogar von einer Gruppe, die einem Alkoholiker den Besuch der Meetings verweigern wollte. weil er durch seine ewigen Rückfälle den Namen der A.A. in Misskredit bringe und für die anderen Gruppenmitglieder eine Gefahr darstelle! Der Sprecher vergaß dabei, dass er selbst vor Jahren ewig mit sich und dem gepflegten Schlückchen laborierte, ehe er seine Umkehr fand. Hast Du Dich nicht im verbissenen Zorn wiedergefunden, als man Deine Ansicht im letzten Meeting nicht teilte? Doch wer gab Dir denn das Recht, Menschen beurteilen zu wollen und den lieben Gott zu spielen? Ist es nicht Unmäßigkeit, wenn Du Dich mit Nikotin aufpumpst und auch von anderen angenehmen Sachen nie genug siehst und den Hals nicht voll kriegst? Erfasst Dich kein Neid, wenn Du die junge hübsche Frau Deines Freundes glücklich in seinem Arm erblickst? Ist Deine gespielte Gelassenheit nicht oft schon Trägheit, die bald nach Faulheit stinkt? Und schadet Dein Egoismus nicht manchmal anderen Menschen, wenn Du Dir Ellenbogenfreiheit verschaffst? Ist es nicht Unkeuschheit, wenn Du nur daran denkst, Deine sexuellen Triebe zu befriedigen und den Partner zur Maschine degradierst?

A.A.-Meetings sind Medizin

Ich ertappe mich jedenfalls immer wieder dabei und ich weiß, dass ich noch sehr viel arbeiten muss, wenn ich mir keine neuen Probleme schaffen will. Und das ist wohl das Entscheidende! Es genügt nicht, dass man in gründlicher Inventur seine Fehlhaltungen erkennt, sondern man muss auch etwas dagegen tun. Es gilt vordringlich, die Triebe in die richtigen Bahnen zu lenken und sie zu beherrschen. Diesem Vorhaben stehe ich allein oft machtlos gegenüber, denn ich sehe meine Fehler immer erst dann, wenn ich sie begangen habe. Nun kommt die Versuchung über mich, die Fehler zu vertuschen und wieder zur Tagesordnung überzugehen. Was kann ich dagegen tun? Ich gehe regelmäßig zu den Meetings der A. A.

Befreiendes Sprechen löst manche Probleme

Dort wird mir geholfen, über meine Fehlhaltungen zu sprechen, oder ich erkenne mich an den Beispielen der Freunde. Ich werde irgendwie gezwungen nun auch über mich nachzudenken. Ich werde geimpft und komme nicht eher zur Ruhe. bis ich mit mir selbst ins Reine komme. Deshalb gehe ich zu den Meetings. Ich brauche sie und bin dankbar dafür "Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung - und ich muss diesen Weg noch viele Schritte weitergehen."

 

Der fünfte Schritt


Ich gab Gott, mir selbst und einem anderen Menschen offen und ehrlich meine Fehler zu. Klatsch zerstört Freundschaften Erschüttert hatte ich das Ausmaß meines Trümmerhaufens festgestellt. Rund herum sah es aus, wie nach einem Müllarbeiterstreik in London. Ich ekelte mich vor mir selbst. Am liebsten hätte ich die Scherben heimlich zusammengeschaufelt und irgendwo im Meer versenkt. Schön, ich hatte viele Fehler gemacht und die Karre in den Dreck gefahren, aber was ging das andere Menschen an. War es denn nicht damit abgetan, dass ICH alle meine Fehler erkannt hatte? Um ehrlich zu sein, ich gab mir zunächst einmal ungeheure Mühe, diese Fehler zu vertuschen. Nach einiger Zeit glaubte ich bald selbst wieder daran, nicht so schlecht zu sein, wie jener, den man gerade zur Entziehungskur eingeliefert hat.
Schließlich habe ich noch keinen Menschen tot gefahren und Unfallflucht begangen! Schließlich war ich noch nicht kriminell geworden! Ich vergaß dabei, dass oft nur ein kleiner Schritt gefehlt hatte, um die Bekanntschaft mit dem Staatsanwalt zu machen. Ein kleiner Schritt, vor dem mich meist meine Familie und meine Freunde gegen meinen eigenen Willen zurückgehalten haben.

Es gibt keine "besseren" Alkoholiker

Für mich gibt es heute keine besseren und keine schlechteren Alkoholiker, sondern nur alkoholkranke Menschen und ich gebe mir Mühe, jeden so anzunehmen, wie er ist.  Je länger ich nüchtern blieb, desto deutlicher erkannte ich meine Fehler und desto schwerer wurde es mir, sie einzugestehen.  Irgend etwas in mir lehnte sich dagegen auf. Statt zuzugeben, suchte ich nach Entschuldigungen. Das war typisch für meine alkoholische Denkungsart. Und als ich schließlich so weit war, alles selbst einzusehen, wollte ich das schön für mich behalten, denn was ging das andere Menschen an. Im Gegenteil. Lief ich nicht in Gefahr, mein neu aufpoliertes Image wieder zu verlieren? Wo bleibt mein Ansehen, wenn ich einem guten Freund oder einem sehr nahe stehenden Menschen meine Fehler aufs Butterbrot schmiere? Wofür soll das gut sein? Man hatte mich nicht verstanden, als ich damals trank. Viel weniger würde man mich verstehen, wenn ich nun nüchtern zugab, was ich alles falsch gemacht hatte. Gerade jetzt, wo ich dabei war, meine Position im Beruf und in der Familie wieder zu festigen, kann ich mir doch keine Blöße geben, indem ich meine Schwächen offen an den Tag lege. Als ich mit meinen A.A.-Freunden darüber sprach, klärte man mich auf, dass ich schon wieder auf dem Holzweg war.
 Der fünfte Schritt verlangt nicht, dass ich z. B. im Beruf einen Vorgesetzten oder Kollegen auf meine schwachen Punkte aufmerksam mache. Abgesehen davon werden die menschlichen Schwächen von Leuten, mit denen man täglich zusammen ist, oft eher erkannt, als man sie selbst wahrhaben will. Der fünfte Schritt verlangt auch nicht, dass man nun in der Familie demütig zu Kreuze kriecht und unterwürfig leidet. Sicher wird manche Frau glücklich sein, endlich einen Mann zu haben, der seine Männlichkeit nicht mehr durch Saufen beweist, sondern indem er wieder klare Entscheidungen trifft. Doch oft ist es vielleicht nicht angebracht, seine Schwächen und Fehler "an die Frau" zu bringen, da die Gefahr besteht, dass dies von der anderen Seite ausgenutzt wird. Mit der erkämpften Trockenheit sind ja die Familienprobleme keinesfalls vom Tisch. Im Gegenteil. Oft sträubt sich der Partner mit Händen und Füßen dagegen, seine Position aufzugeben. Eine Position, die er während unserer akuten Alkoholkrankheit einnehmen musste, damit die Familie nicht auseinander fiel. Hatte nicht oft die Frau die Hosen an und den Daumen auf dem angetrunkenen Herrn der Schöpfung? Und nun will sie die Hosen nicht mehr ausziehen! Nun versucht sie immer wieder, den Daumen drauf zu legen. Und das kann ich auch heute noch nicht vertragen. Ich will frei sein. Frei vom Alkohol und frei in meinen Entscheidungen.

Die anderen sind auch keine Engel

Manche Ehefrau will aber den nüchtern gewordenen Ehemann genau noch so beherrschen, wie den besoffenen, dem es sein schlechtes Gewissen nicht erlaubte, sich zu wehren. Und da gehe einer hin und lege seine Schwächen zu ihren Füßen. Wir müssen uns klar sein, dass unsere Mitmenschen auch nicht alle Engel sind. Oft waren wir ja selbst die Ursache, dass der nahe stehende Freund oder Partner so verbittert und verhärtet geworden ist. Ist es nicht verständlich, dass auch er sich Fehlhaltungen aneignete, die er einfach notwendig hatte, um zu überleben?

Der Partner braucht AI-Anon

Man sagt mit voller Berechtigung, dass ein Alkoholkranker im Durchschnitt vier bis fünf nahe stehende Menschen ansteckt, d. h. krank macht und ins Unglück zieht. Der so entstehende seelische, körperliche und soziale Schaden ist für die Angehörigen unerträglich. So brauchen auch unsere nahe stehenden Mitmenschen eine Therapie, die ihnen ihre Gesundheit wiedergeben kann. Oft haben sie es dabei wesentlich schwerer als der Alkoholpartner, denn sie leiden unter der ständigen Angst eines erneuten Rückfalls. Kann man ihnen verdenken, wenn sie der ganzen Entwicklung mit Misstrauen gegenüberstehen? Wie oft sind sie schon durch uns enttäuscht worden. Jede Kraft und jede Hoffnung verbraucht sich, wenn sie nicht genährt wird. Deshalb sollten wir unsere Angehörigen den Familiengruppen der Anonymen Alkoholiker zuführen, der Gemeinschaft AI-Anon. Hier finden sie einen Weg für ihre Genesung und später vielleicht auch Verständnis für unsere Fehler und Schwächen.
Das soll aber nicht heißen, nun abzuwarten, bis sich der andere Mensch so weit geändert hat, dass er für mich zum geeigneten Objekt des fünften Schrittes wird. Hier, wie in allen anderen Fällen, sollten wir Alkoholiker den Wahlspruch unserer Freunde in Al-Anon annehmen

Fang bei Dir selbst an!

Es bleibt weiter zu überlegen, ob man den fünften Schritt nicht einfach in einem geschlossenen A.A.-Meeting absolviert. Aus Erfahrung warne ich davor. In jeder Gruppe gibt es unterschiedliche Menschen, z. B. Alkoholiker, welche die notwendige Reife noch nicht erreicht haben. Menschen, die bestimmte Fehlhaltungen noch nicht beherrschen können. Eine der schlimmsten dieser Fehlhaltungen ist die Klatschsucht. Ich habe immer wieder Klatschtanten (und Onkel) erlebt, die gerade nur dann ein Meeting von persönlichem Interesse finden, wenn man über die Rückfälle und Fehler von Freunden herziehen kann, die gerade nicht anwesend sind. Ich habe es erlebt, wie man aus Klatschsucht Begebenheiten aus einem A.A.-Meeting einer Ehefrau oder einem Ehemann zutrug und damit unserer Gemeinschaft schweren Schaden zufügte. Ein neuer Freund, der sich an A.A. wie an einen Strohhalm klammert, muss so jedes Vertrauen verlieren.

Klatsch zerstört Freundschaften

Ich habe erlebt, wie Alkoholiker glaubten, der Ehefrau eines anderen A.A.-Freundes dadurch helfen zu können, dass sie mit ihr über die Fehler und Schwächen des Ehemannes sprachen. Solche Gespräche dienen dazu, die Atmosphäre in A.A. zu vergiften und doch zeigen sie uns, wie schwach und dumm wir sind. Ich schließe mich da nicht aus. Ich bin selbst durch die Erfahrung, der Ehefrau eines Alkoholikers helfen zu wollen, hoffentlich klüger geworden. Heute weiß ich, dass mein Geist dafür nicht einsetzbar war. Ich hatte im zwölften Schritt an einem alkoholkranken Freund versagt und wollte diese vermeintliche Niederlage bei seiner Frau wieder gut machen.

Al-Anon und A.A. sind zwei Parallelen

Finger weg  Das soll mir nie wieder passieren. Das ist  eine Angelegenheit für AI-Anon und deshalb brauchen wir Al-Anon. Ich kann den fünften Schritt nicht für einen anderen tun. Ich muss bei mir selbst anfangen. Der Schritt besagt, dass man sich nur einem anderen Menschen offenbaren soll und das hat seinen tiefen Grund. Wir alle kennen das Sprichwort: "Geteiltes Leid ist halbes Leid"  Nach diesem Motto befreien wir uns von einem Leid, das wir in uns fühlen, nachdem wir uns selbst auf dem Trümmerfeld unserer Fehlhaltungen im Spiegel so wiedersehen, wie wir wirklich sind. Wenn wir dieses Leid selbst runterschlucken und verdauen wollen, oder verschweigen und verleugnen, dann sind wir drauf und dran uns eine weitere seelische Belastung, die zur Neurose oder zum nächsten Schluck führt, einzuhandeln.

Beichte schützt vor Neurose

Es ist zwar nicht meine eigene Erfahrung, doch kann ich mir gut vorstellen, dass viele Menschen heute noch den Beichtstuhl der Kirche betreten, um sich mitzuteilen, um ihre Sünden und Fehler abzuladen. Obwohl ich nicht katholisch bin, glaube ich sagen zu dürfen, dass ein viel benutzter Beichtstuhl dazu beiträgt, dass die Wartezimmer der Psychiater und Psychotherapeuten nicht über laufen. Ich empfinde es bestimmt nicht als Konfessionsfrage, wenn man den. fünften Schritt bei einem Pfarrer absolviert. Das muss jeder selbst entscheiden. Zumindest hat man die Gewähr, dass der Seelsorger das Beichtgeheimnis wahrt. Das schützt unsere Anonymität.
Doch für mich tat sich ein anderer Weg auf. ch hatte das Glück, einen Arzt kennen zu lernen, der für meine Probleme ein offenes Ohr hatte und der mir als Psychotherapeut wertvolle Hilfestellung gab. Hier wusste ich auch, dass meine Offenbarung diskret und verschwiegen behandelt wurde und ich bekam sogar noch fachmännische Hilfe und Ratschläge, wie ich mein Verhalten ändern müsse. Dieser Arzt war aber nicht der einzige Mensch, dem ich mein Vertrauen schenkte. Im Laufe der Zeit lernte ich bei A.A. nüchtern gewordene Alkoholiker kennen, denen ich in langen Gesprächen unter vier Augen meine Probleme vortrug. Meine Freunde hörten mich geduldig an und gaben mir schon damit Hilfe, denn ich konnte mich freisprechen. Dadurch, dass sie sich dann noch selbst mit mir identifizierten und zugaben, dass sie bereits mit ähnlichen Problemen behaftet waren, vermittelten sie mir Kraft und Hoffnung.
Sie zeigten mir einen Weg, den sie selbst beschritten. Und auf einem Meilenstein am Wegesrand stand das Wort

Demut

Ich fand diese Freunde in Düsseldorf und in Bad Reichenhall und ich bin überzeugt, dass sich für jeden Alkoholiker, der diesen Schritt ernst nimmt, ein solcher Freund findet. Für den Neuen ist diese Freundschaft sehr wichtig. Sie ist mehr, als die zum Überleben notwendige Kameradschaft innerhalb einer A.A.­Gruppe. Sie ist eine echte Patenschaft, die ein erfahrener A.A. bei dem Hilfe suchenden neuen Freund übernimmt. Man bezeichnet ihn deshalb im A.A.-Sprachgebrauch als "Sponsor". Meist entwickelt sich diese Freundschaft und das Vertrauen zwischen dem hilfebedürftigen meist noch nassen Alkoholiker und jenem A.A., der ihm zum ersten Mal die rettende Hand reicht. Der ihn führt und die ersten Trockenkurse lehrt. Der für ihn Tag und Nacht da ist und mit ihm bangt und leidet.

Der Sponsor als Beichtvater

Dieser Sponsor lernt den Hilfe suchenden Menschen in seiner tiefsten Not kennen und kann wohl deshalb später meiste Verständnis für ihn aufbringen. Er bietet sich direkt ideal für die Erfüllung dieses Schrittes an. Doch nun fehlt noch der Dritte im Bunde; und das ist Gott, so wie ich Ihn verstehe, Er ist für mich immer erreichbar, vor allem, wenn ich ganz allein bin. Ich muss nur wissen, wie ich mit Ihm in Kontakt komme; wie die Verbindung zustande kommt.

Nur in Demut bekomme ich Kontakt

Früher hatte ich damit große Schwierigkeiten und verzweifelt gab ich auf. Selbstverständlich war ICH nicht daran schuld, sondern scheinbar gab es für mich keinen Gott. Heute bin ich eines besseren belehrt. Heute kenne ich den Schlüssel zu seiner Tür. Es ist die vorher bereits erwähnte Demut.  Nur in Demut kann ich meinen Schöpfer erkennen, indem ich mein eigenes ICH herabsetze, indem ich mir selbst all meine Fehler eingestehe. So wird er mich hören und so verstehe ich das Beten.
"Beten" kommt nicht von "Bitten", sondern ist ein Wortbegriff für jede innige Zwiesprache mit jener Kraft, die größer ist als ich selbst. Und nur wenn ich bereit bin, wenn ich demütig von meinem hohen Ross absteige und in mich gehe nur dann bekomme ich Kontakt. Dieser Kontakt, dieses Erlebnis, dass ich mit Menschen um mich und mit Gott in mir eins werde, befreit mich von der Bedrückung, die mir alle meine Fehler auferlegen. Ich gewinne neue Hoffnung, ich werde frei. So frei, dass es mir heute leichter fällt auch dem oder jenen Menschen meine Fehler offen zuzugeben, denn das führt schließlich zur gegenseitigen Achtung und zur Achtung vor sich selbst.

 

Der sechste Schritt

Ich war bereit, die Fehler meines Charakters durch Gott beseitigen zu lassen. Durch eine gründliche Inventur meines Innern versuche ich, mich selbst zu erkennen. Meine Fehler sind Charaktermängel, die mein Leben in der menschlichen Gesellschaft immer wieder negativ beeinflussen. Es ist mir unbequem diese Fehlhaltungen einzugestehen. Seit es mir aber klar wurde, dass ich mit Selbstverleugnung und Selbstbetrug nicht zufrieden nüchtern werden kann, versuche ich ehrlich zu sein. Ehrlichkeit ist die erste Voraussetzung zur Nüchternheit. Solange ich mir selbst über mein Ego etwas vormache, solange ist meine Nüchternheit erzwungen und verkrampft. Ich bin zwar trocken, aber ich kann noch lange nicht klar sehen. Durch meine Kehle fließt zwar kein Alkohol, aber mein Gehirn verharrt im alkoholischen Denken. Und wenn ich nicht täglich intensiv an mir arbeite, geht es nicht vorwärts. Dann bleibe ich stehen und beginne mein alkoholisches Denken für normal zu halten. So verbreitet sich die Krankheit hinterlistig im Geist und ich bin der Letzte, der merkt, dass ich selbst geistig krank bin.

Lügen haben kurze Beine

Um mich selbst zu erkennen, ist es notwendig, dass ich mir meine Fehler unverhüllt eingestehe und sie auch gegenüber Gott, so wie ich Ihn verstehe, und einem anderen Menschen ehrlich zugebe. Aber was ist damit getan? Kann ich mich dadurch von meinen Fehlern befreien? Ich weiß zwar nun, was ich alles falsch mache und wo meine Schwächen liegen, doch meine Mitmenschen wussten es schon lange vor mir. Immer wieder ertappe ich mich bei den Wiederholungen meiner                  Fehlhaltungen. So bemühe ich mich wirklich krampfhaft, immer nur die Wahrheit zu sagen und trotzdem erwische ich mich gelegentlich beim Lügen. Oft lüge ich nur, weil es bequemer ist. Ich meine, ich spare mir eine ganze Menge Unannehmlichkeiten, wenn ich ein Erlebnis oder eine Begebenheit mit einer Lüge vereinfache. Hinterher muss ich dann einsehen, dass ich falsch gehandelt habe und das nun aus der Lüge heraus eine Situation erwachsen ist, die ich gar nicht gewollt habe. Es sind plötzlich neue Unannehmlichkeiten entstanden und mache ich den Fehler, weiter zu lügen statt zuzugeben. Aus der Verlegenheitslüge wird handfestes Seemannsgarn, aber das gesponnene Gewebe wird immer fadenscheiniger und bald fällt alles wie ein Kartenhaus zusammen. Dann steht man da - im kurzen Hemd - und hat sich wieder einmal selbst auf den Schwanz getreten. Statt sich nun bereit zu halten, diese Fehler von Gott beseitigen zu lassen, ist man mit sich selbst unzufrieden und überhäuft sich mit Vorwürfen. Aus dieser Unzufriedenheit heraus erwächst eine neue Fehlhaltung. Man wird gereizt, spürt eine gewisse Wut hochsteigen und ärgert sich über jenen Menschen, der das Kartenhaus zum Einsturz brachte. Man ärgert sich weil man sich durch die Aufdeckung der Lüge bloßgestellt sieht. So meint man nun alles Vertrauen verspielt zu haben und zieht sich schmollend zurück. Der Ärger bleibt. Er schürt die Wut. Aus Wut entsteht Hass und bald stellt man fest, dass man jenen Freund, der uns in das Lügengewebe verstrickt hat, nicht mehr leiden kann. Wir werden intolerant und reden uns bald ein, dass wir doch so unrecht gar nicht hatten. Schließlich vergessen wir, dass wir es doch selbst waren, die sich in diesen Irrgarten begaben. Schon erwische ich mich wieder bei der Feststellung, dass ich das doch alles gar nicht nötig habe. Was soll ich mich denn mit solchen Menschen abgeben. Wer sind die denn schon. Dem einen seine Nase steht mir sowieso nicht und den anderen kann ich nicht riechen. Schließlich blicke ich doch hier mehr durch, als alle anderen. Und wenn die Kameraden zu doof sind, das zu kapieren -  nun dann wird man doch alles mit einer Notlüge vereinfachen dürfen.

Fehlhaltungen des Unterbewusstseins 

Statt bereit zu sein, diese Überheblichkeit, diese Selbstüberschätzung, dieses eingebildetsein  durch Gott beseitigen zu lassen, bleibt man arrogant, selbstgefällig und hochnäsig. Sicher kann man sich selbst erziehen und versuchen, diese schlechten Eigenschaften zu unterdrücken. Mir geht es aber oft so, dass es meistens schon zu spät ist, wenn ich feststelle, dass das Kind in den Brunnen gefallen ist. Meist ist etwas geschehen, was ich gar nicht wollte und ich überlege mir, wie es geschehen konnte. So entdecke ich dann, dass ich dieses oder jenes peinliche Geschehnis nicht bewusst eingeleitet habe. Es war etwas instinktives, unbewusstes, was mich in die Fehlhaltung trieb. Ich lüge unbewusst, ich ärgere mich unbewusst und ich hasse instinktiv. Kann ich mich selbst davon befreien? Vielleicht kann ich mithelfen, dass ich diese negativen Einflüsse zu unterdrücken versuche, aber bin ich denn für allem Unterbewusste verantwortlich? Habe ich hier noch Einfluss? Nach meiner persönlichen Meinung umfasst mein Unterbewusstsein alles, was ich mit meinem klaren Bewusstsein nicht mehr erfasse. Hier speichert sich die Lebenserfahrung seit meiner Kindheit und vielleicht reagiere ich heute auf diese oder jene Situation noch mit einer Lüge oder Ausrede, weil ich da mit in meiner Kindheit scheinbar mehr Erfolg hatte, als mit der Wahrheit. Vielleicht ist mir mancher Mensch schon weitem unsympathisch, weil ich als einen ähnlich aussehenden Menschen unausstehlich fand ?Wahrscheinlich glaube ich oft, ich wäre etwas besseres als meine Mitmenschen, weil mir meine Eltern während meiner ganzen Schulzeit eintrichterten, ich müsste besser sein als meine Mitschüler? Möglicherweise kommt in mir Neid und Missgunst hoch, weil meine Eltern unseren Nachbarn kein besseres Leben gönnten?

So neige ich zu der Erkenntnis, dass sich viele meiner Fehlhaltungen bereits durch Vererbung, durch frühkindliche Erlebnisse und durch die Erziehung in mein Unterbewusstsein eingeprägt haben. Und so kommt es zu instinktiven Reflexen: zu Lügen, zur Überheblichkeit, zum Zorn, zur Unmäßigkeit, zum Neid, zur Trägheit, zum Egoismus und zur Unkeuschheit. Das sind alles Fehlhaltungen, die ich mit meinem Wachbewusstsein nicht 100-prozentig steuern kann. Fehlhaltungen, die ich meist erst erkenne, wenn es schon passiert ist. Durch eiserne Arbeit an mir selbst kann ich nun meinen Verstand dazu bringen, sofort höchste Alarmstufe zu geben. Ich kann an mir arbeiten, dass ich aufgetretenes Unrecht sofort zugebe. Aber kann ich die im Unterbewusstsein stattfindende Entstehung des Unrechtes verhindern? Ich glaube, dazu bin ich nicht allein imstande. Ich glaube, dass nur eine Kraft, die größer ist als ich selbst, mich von meinen Charakterfehlern befreien kann. Und ich glaube, dass nur Gott, so wie ich ihn verstehe, auf mein Unterbewusstsein Einfluss hat. Bestärkt wurde ich in diesem Glauben dadurch, dass ich Gott ja auch mit meinem Wachbewusstsein, d. h. mit meinem Verstand nicht erfassen kann. Nur mein Unterbewusstsein sagt mir, dass es eine höhere Kraft gibt, die selbst einmal meine Programmierung übernommen hat. So sehe ich Gott in Dir, in mir und in jedem Lebewesen. Er ist der Grund unseres Seins. Und wenn sich danach durch meine Erlebniswelt Fehlhaltungen in meinem Charakter entwickeln, wenn dieser Lebensbaum nicht kerzengerade in den Himmel wächst, so kann nur Gott, wie ich ihn verstehe, diese Fehler beseitigen. Doch dazu muss ich bereit sein. Und diese Bereitschaft fordert der sechste

Menschliche Reife durch Glauben 

Noch Jahre nach meinem letzten Schluck fehlte mir diese Bereitschaft. Ich glaubte es allein zu schaffen. Ich war noch nicht reif. Die menschliche Reife erweist sich erst mit der Einsicht, dass der Glaube an Gott Charakterfehler beseitigen kann, Bei mir wurde diese Einsicht deutlich, als ich am Tiefpunkt meines Lebens doch die Kraft erhielt, mich von der tödlichen Trunksucht zu befreien. Nachdem alle täglich gefassten Vorsätze nicht geholfen haben, fand ich plötzlich eine Hilfe von außen. Heute, weiß ich, dass es kein Zufall war.

"Zufall" oder "Höhere Kraft" ? 

Damals erschien mir alles noch als eine Kette glücklicher Umstände. Ich wurde krank und mein Hausarzt stellte die Diagnose "Vegetative Dystonie". Er schickte mich zur Kur und dort beleidigte mich der Kurarzt mit den Worten: "Sind Sie Alkoholiker?" Ich war tief gekränkt, denn schließlich versuchte ich vor jeder Visite krampfhaft meine Fahne zu beseitigen. Bald stellte sich heraus, dass jener Kurarzt seine Vermutung nicht nur auf meine Kaninchenaugen und den zitternden Händen aufbaute, sondern auf Grund seiner früheren Tätigkeit in einer Trinkerheilstätte große Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hatte. Zufall? Nach tagelanger psychotherapeutischer Vorbehandlung wurde ich von ihm an die Decke geschossen  4, 3, 2, 1 - klatsch! Als ich wieder zu mir kam, stand ein "Anonymer Alkoholiker" in meinem Krankenzimmer und brachte mir die Botschaft der A.A. Zufall ? Nachdem ich jahrzehntelang jede Anspielung dritter Personen auf mein Saufen energisch vor mir wies, wurde ich plötzlich bereit, einem wildfremden Menschen zuzuhören. Zufall? Nein! Heute weiß ich, dass Gott eingegriffen hat und ich Ihm mein neues nüchternes Leben verdanke. Warum sollte ich aber nun, nachdem ich die Befreiung vom Alkoholismus erlangte, nicht auch eine Befreiung von allen anderen Schwierigkeiten und Fehlern erlangen? Dabei ist mir völlig klar, dass die Beseitigung der übrigen Charaktermängel auch seine Zeit braucht, dass auch hier ständig Rückfälle auftreten. Aber durch meine Bereitschaft kann ich diese Genesung beschleunigen. Vieles ist nun Ieichter als die Befreiung von der Trunksucht, denn nun kenne ich dieses wunderbare Programm der A.A. und muss nur bereit sein, es anzunehmen. Damals wollte ich ja auch von Gott nichts wissen, denn ich hatte ja meinen Tröster stets bei mir. Offen gestanden ist auch heute mein Glaube an die höhere Kraft nicht unkompliziert. Besonders wenn es mir recht gut geht, vergesse ich jene Kraft, die größer ist als ich selbst und der ich meine Zufriedenheit verdanke. Ich freue mich, hin gut gelaunt und schaue gelassen in den Tag. Erst wenn ich dann am Abend vor dem Einschlafen über den Tagesablauf nachdenke und Inventar mache, bekomme ich ein schlechtes Ge wissen. Habe ich das nicht alles meinem Gott zu verdanken? Dass ich nüchtern bin, dass ich satt bin und dass ich wieder Erfolg habe? Und wenn ich dann nicht gleich Kontakt zu Gott erhalte, dann kommen die Zweifel an seiner Existenz. Diese Zweifel treiben mich zur Unvernunft. Wie kann ich plötzlich ungeduldig nach Gott verlangen, wenn er mir den ganzen Tag gestohlen bleiben konnte? Ist jene Kraft den nur für mich da? Habe ich die Zufriedenheit allein gepachtet? Langsam hole ich mich dann wieder auf den Teppich der Wirklichkeit und bereue meine Unvernunft und Schwäche. Indem ich meine Fehler eingestehe, komme ich Gott näher und beruhigt falle ich in den Schlaf.

Zufriedene Nüchternheit am Lebensende                

Vielleicht mag nun der eine oder andere Leser der Meinung sein, es sei utopisch nach Vollkommenheit zu streben. Schließlich gäbe es auf der ganzen Welt keinen Menschen, der nur gute und positive Charakterzüge aufweist. Diese Freunde verstehen den Sinn dieses Schrittes falsch. Jeder Mensch, der sich ein Ziel setzt, ist selbst noch mehr oder weniger weit von diesem Ziel entfernt. Er muss hart arbeiten, trainieren und sich gesund halten, wenn er sein gestelltes Ziel erreichen will. Falsch wäre es auf der Lebensleiter auszuruhenStillstand bedeutet Rückfall. Man muss stets weiterstreben, um das zu erhalten, was man erreicht hat, bis dass der Tod eine Grenze setzt. Und an dieser Grenze steht bei mir die zufriedene Nüchternheit. So will ich einmal einschlafen und vor meinen Herrn treten. Nicht mit blütenweißer Weste der Vollkommenheit, sondern mit den Spuren getilgter Schuld und bereinigter Fehlhaltungen.

Deshalb muss ich mich heute bereit halten, die Fehler meines Charakters von Gott beseitigen zu lassen.

 

Der siebente Schritt

 Demütig bat ich Gott, die Mängel von mir zu nehmen

- Demut -

Dieses Wort steht nicht nur vor diesem Schritt, sondern begegnet uns an allen Ecken und Enden unseres neuen Lebensweges. Immer wieder hörte ich es auf den vielen Meetings der Anonymen Alkoholiker, doch kam es mir vor, als ob sich meine Freundinnen und Freunde scheuten, dieses Wort auszusprechen. Sie bewiesen den Begriff durch ihre Haltung, durch ihre Bescheidenheit und durch die oft geradezu unbarmherzige Ehrlichkeit, mit der sie ihre Lebensgeschichte offenbarten,  Ich hörte das Wort von Ärzten, Pfarrern und Fürsorgern, die über die Demut sprachen und sie als höchstes Gut unseres Programms herausstellten. Und das erscheint mir wesentlich. Man kann selbst nicht über seine Demut sprechen. Das wäre schon so etwas wie Eigenlob - und Eigenlob stinkt! Doch man muss sich als Alkoholiker über diesen Begriff klar werden - und da fehlte es bei mir weit. Abgesehen davon, dass dieses Wort während meiner Saufzeit für mich ein Fremdwort war, hatte ich eine ganz falsche Vorstellung.

Wermut statt Demut

Ich hatte einen Krieg erlebt, der mir vor Augen führte, dass man nur mit Härte, Selbstbehauptung und Mut überleben konnte. In dieser Phase meines Lebens setzte ich Demut mit Weichheit, Unterwürfigkeit und Verzagtheit gleich. Wer sich beim Rotionenempfang immer wieder demütig am Ende der Schlange anstellte, der musste verhungern. Demut bedeutete damals für mich Mutlosigkeit, Ängstlichkeit und hieß sich selbst aufgeben. Dieses Wort wurde durch die Hölle eines Kampfes auf Leben und Tod abgewertet, bedeutungslos, vergessen. Den fehlenden Mut habe ich mir dafür im Krieg tausendmal angetrunken. Alkohol -statt Ängstlichkeit, Wehmut              -statt Demut. Und als sich das Leben wieder normalisierte, als die ethischen Qualitäten wieder aufgewertet wurden, als dem Grabenschwein von Stalingrad der Frack wieder passte und die Spitzen der Gesellschaft durch ihre vornehme Zurückhaltung avancierten, da hatte mich dieser Teufel Alkohol schon so weit in der Hand, dass mein Krieg noch lange nicht aus war. Kriegskameraden, Saufkumpane, Lebensangst und Wermut - das blieb. Mein Waffenstillstand fand erst 1965 statt. Auf den Tag und die Stunde genau am 8. Mai - aber 20 Jahre später. Zu spät? Ich glaube: NEIN! Doch muss ich noch mal ganz von vorne anfangen. Ich muss die Begriffe neu lernen und völlig umdenken. Und zu diesen Begriffen gehört auch das Wörtchen Demut. Die Anonymen Alkoholiker haben mir beigebracht, dass ich mich vor folgenden Fehlhaltungen des Lebens besonders in Acht nehmen muss:

Vor

  • Überheblichkeit,
  • Zorn,
  • Unmäßigkeit,
  • Neid,
  • Trägheit,
  • Egoismus
  • und sexuellen Fehlhaltungen.

Was haben diese negativen Charaktereigenschaften mit Demut zu tun? Nun, ich denke, im entgegengesetzten Sinne sehr viel. Ich meine, wenn ein Mensch in Demut lebt, dann kann er für die aufgeführten Fehlhaltungen gar keinen Platz mehr in seinem Herzen haben. Oder hast Du schon einmal einen arroganten Menschen gesehen, der Demut beweist? Gibt es zornige Freunde, die gleichzeitig in Demut leben? Hat sich je ein Mann in Demut unmäßig überfressen oder vollgetrunken? Verträgt sich Demut mit Neid? Und wer sich durch Trägheit zur Demut wälzt, der verwechselt sicher Gelassenheit mit Faulheit! So wird es auch ein egoistischer Mensch mit der echten Demut nicht ehrlich meinen - und für perverse Lüstlinge fehlt das Wort sowieso im Sprachschatz.

Demut statt Fehlhaltungen

Aus diesen Überlegungen heraus wird Demut eine erstrebenswerte positive Eigenschaft. denn sie vereinbart sich einfach nicht mit unseren sieben Todsünden. Doch was ist das nun Demut? Logischerweise müssten unter dieser Bezeichnung alle Gegensätze zu den sieben Todsünden zu finden sein, d. h.:

  • ich muss mich meinen Mitmenschen anpassen, statt überheblich und arrogant zu sein;
  • ich darf keinen Zorn aufkommen lassen, sondern muss versuchen, die Situation mit Gelassenheit zu meistern;
  • ich will mich bemühen jeder Unmäßigkeit vernünftig Einhalt zu gebieten und mein Leben maßvoll zu gestalten.
  • ich muss Neid und Missgunst aus meinen Gedanken verbannen, denn allein in meiner Nüchternheit schenkt mir das Leben so viel;
  • ich will täglich an mir arbeiten und auch oft Dinge, tun, zu denen ich keine ausgesprochene Lust habe. Trägheit bedeutet Stillstand und Stillstand leitet den Rückfall ein,
  • ich muss meine egoistischen Triebe steuern, dass sie sich positiv auswirken. So will ich zwar aus egoistischen Motiven nüchtern bleib da es meine Gesundheit ist, zerstört wird. An meiner Nüchternheit aber will ich alle teilhaben lassen;
  • ich will Gott bitten, die schlechten Charaktereigenschaften von mir nehmen.

Das sind meine Vorsätze und oft es mir verdammt schwer, das Wichtigste zuerst und im rechten Augenblick zu tun. Hier ist mehr Mut erforderlich, als man glaubt. Demut erfordert Mut , mehr Mut als jeder rücksichtslose Kampf. Demut, d. h. Absteigen vom hohen Ross; Demut, d. h. sich selbst in die richtigen Proportionen setzen; Demut, d. h. Achtung vor den Mitmenschen; Demut, d. h. aufopfernde Nächstenliebe; Demut, d. h. tiefer Glaube an jene Kraft, die größer ist, als wir selbst.

Wer hat keine Fehler und Schwächen?

Als wir kürzlich im Meeting über diesen Schritt diskutierten, meinte eine Alkoholikerin: "Ich will gar nicht frei von allen Fehlern sein, denn wenn ich keine Fehler mehr habe, dann bin ich auch kein Mensch mehr." Dieses Argument stimmte mich nachdenklich. Aber schließlich geht es hier nicht um all die tausend kleinen menschlichen Fehler und Schwächen, die unser Persönlichkeitsbild vielleicht erst liebenswert machen, sondern es geht um ausgesprochene Fehlhaltungen, um unsere ausgeprägten schlechten Charaktereigenschaften. Fehler werden erst zu Fehlhaltungen, wenn man sie ständig wiederholt, wenn man dem negativen Einfluss Gelegenheit gibt, sich einzuprägen, einzuschleifen und somit zu einer dominierenden schlechten Charaktereigenschaft zu werden.

 Es sind doch Unterschiede,

  • ob man einen vielleicht falschen Standpunkt bis zum letzten Argument verteidigt, oder sich gar nicht erst zu einer Diskussion herablässt, weil man sowieso recht hat; ob man sich gelegentlich etwas leisten will, oder dauernd unmäßig lebt; ob man einmal aus der Haut fährt, oder im Kreis seiner Mitmenschen als jähzorniger Mensch bekannt ist; ob man den Freund um seine Gesundheit beneidet, oder dem Nachbarn nicht die Butter auf dem Brot gönnt; ob man sein wohlverdientes Wochenende genießt, oder arbeitsscheu genannt wird; ob man sich durch eine vernünftige Lebensweise gesund erhält, oder den Armen das Brot wegnimmt; ob man einem hübschen Mädchen mit Frühlingsgefühlen nachblickt, oder eine Frau vergewaltigt.

Alles hat seine Grenzen und bei all diesen Fehlern muss ich erkennen, wie weit ich gehen kann. Um diese Erkenntnis bitte ich Gott, nicht darum, dass er aus mir einen Engel macht, In unserem Leben gibt es so viel Spielraum zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht und zwischen Fehlern und Fehlhaltungen. Man muss nur die Grenzen kennen, anerkennen und sich danach ausrichten. Man muss tolerant sein, denn das schafft erst den Spielraum, den wir zum Leben brauchen. Nur in einem Falle vertrage ich keine Toleranz, nämlich beim ersten Glas, beim ersten Schluck Alkohol. Und nur dadurch will ich mich von den anderen Menschen unterscheiden. Wie soll es sich aber nun verwirklichen, wie können mir die Augen geöffnet werden, so dass ich mich so sehe, wie ich wirklich bin? Hier hat mir jene Kraft, die mein Leben in Eure Gemeinschaft gelenkt hat, ein wertvolles Hilfsmittel gegeben. Euch alle! An Euch kann ich mich orientieren. Unter Euch kann ich mich vergleichen und durch Euch kann ich mich immer wieder selbst kennen lernen.

Kaum trocken und die Welt verändern

Ich erinnere mich da an einen Alkoholiker, der neu zu unserer Gemeinschaft kam. Er sprach zum ersten Mal auf einem Meeting und zeigte sofort, dass er von der Nüchternheit mehr verstand, als wir alle. Er schimpfte über seine Freunde, die ihm zeigen wollten, was er falsch gemacht hatte. Er kritisierte das Programm der zwölf Schritte, das doch wohl nichts für ausgewachsene Männer wäre, höchstens für Kinder, denen man das Laufen lernt. Er meinte, dass Gott in unserem Programm nichts zu suchen hätte, denn schließlich wären wir keine Bibelforscher. Er meinte, wir müssten mehr auf die Straße gehen und der Regierung einmal die Augen öffnen, was sie alles gegen uns Alkoholiker tut und nichts für uns. Wir sollten gegen die Werbung der Schnapsfabrikanten demonstrieren und überhaupt sollte jede Propaganda für alkoholische Getränke verboten werden. Er schimpfte über den Hauptausschuss und die Gruppenkönige, über das Informationsblatt und die Literatur. Alles war ungenügend und es wäre endlich an der Zeit nun seine Ideen zu verwirklichen. "Aber", so schloss er "ihr seid ja alle nicht fähig Euch von den altmodischen Traditionen und dem amerikanischen Firlefanz zu lösen. Wenn ich nicht zufällig durch einen A.A.-Freund nüchtern geworden wäre, hätte ich mit Euch keinen Ärger!" Erhobenen Hauptes verließ er das Rednerpult und hatte wohl das Gefühl, es uns einmal richtig gegeben zu haben. Da stand in der hintersten Reihe ein alter A.A. ­Freund auf und ging auf ihn zu. Vielleicht war dem Neuen nicht wohl zu Mute, da er wusste, dass ihm jener an nüchternem Denken um ein Jahrzehnt voraus war.

Jeder von uns ist der Spiegel für den Anderen

Unser alter Freund aber schüttelte ihm die Hand und bedankte sich für diese Ansprache. Das überraschte ihn und uns, denn mancher hatte an eine freundliche Zurechtweisung gedacht. Statt dessen sagte unser Freund weise: "Ich danke Dir, mein lieber Kamerad, denn Du hast mir wieder einmal gezeigt, wie ich selbst vor 10 Jahren war - und das darf ich nie vergessen!" So halten wir uns immer wieder den Spiegel vor die Augen und jeder passt auf, dass die Bäume des anderen nicht zum Himmel wachsen. Ist es da nicht verständlich, dass die Stärke des Einzelnen in der Kraft einer höheren Kraft aufgeht? Zum Wohle der Gemeinschaft und damit zum Wohl eines jeden Mitgliedes. So sehe ich in meiner Gruppe, die mich immer wieder zu den Realitäten holt, einen Spiegel, in dem all meine Fehlhaltungen und negativen Eigenschaften so beleuchtet werden, dass ich sie erkennen kann. Ich muss nur Augen und Ohren offen halten.

Selbstmitleid statt Gottvertrauen

Mancher Freund und viele Freundinnen sind oft der Verzweiflung nahe, wenn es bei ihnen gar nicht klappen will. Sie sehen, wie andere Schicksalsgefährten einen für unmöglich gehaltenen Aufschwung erlebten, während der Kelch des Glücks an ihnen vorüber zu gehen scheint. Ich habe mit solchen Alkoholikern gesprochen und musste immer wieder zwei wesentliche Merkmale feststellen. Einmal zerflossen diese Menschen gern in Selbstmitleid und zermürbten sich mit den Vorstellungen, dass ausgerechnet sie vom Schicksal benachteiligt werden, Zum anderen fehlte ihnen jeder Glaube und jedes Vertrauen zu sich selbst und zu einer höheren Kraft. Ihr Glaube wurde durch so viel Zweifel und "Wenn und Aber" zersetzt, dass sie einem leid tun konnten. In ihnen offenbarte sich keine Demut, aber sie selbst fühlten sich vom Schicksal gedemütigt. Sie wurden mit sich selbst nie fertig und wehrten sich gegen jede echte Hilfe von außen. Schließlich werden solche Menschen verbittert und kapseln sich ab. Sie verschließen ihr Herz, statt sich zu öffnen. Sie zweifeln an der Ehrlichkeit des Glaubens ihrer Mitmenschen. Sie fühlen sich höchstens wohl, wenn man sie bedauert und bemitleidet. Arme Menschen. Sie wollen es nicht anders. Ich halte mich da lieber an folgende Lebensweisheiten: "Des Menschen Wille ist sein Himmelreich" und "Der Glaube versetzt Berge". Wenn man das Wunder der Wandlung vom nassen Trinker in einen nüchternen Alkoholiker erleben durfte, dann kann man auch auf weitere Wunder hoffen. Man muss Gott nur darum bitten. Man muss IHN bitten unser Vertrauen und unseren Glauben an seine Kraft zu stärken. Man muss IHN bitten, uns echte Demut zu lehren, denn wenn wir in Demut zu Gott, so wie ihn ein jeder versteht, zu leben wissen, dann verschwinden alle Mängel und Charakterfehler von ganz allein. Mit diesem Schritt vollziehe ich also eine Umkehr aus meiner bisher erworbenen Lebenshaltung, die mich unter dem Einfluss der Demut aus der Enge meines Ichs heraustreten lässt; hin zu den anderen und hin zu Gott. Der ganze Nachdruck des siebenten Schrittes liegt auf der Demut. Sie lehrt mich Unzulänglichkeiten zu überwinden und immer wieder den ersten Schritt dieses Programms zu vollziehen. Denn der erste Schritt beweist Demut. Wer täglich zugibt, dass er dem Alkohol gegenüber machtlos ist und sein Leben nicht mehr meistern konnte, ist seiner Genesung am nächsten. Ich muss diese Niederlage immer der vorbehaltlos eingestehen und nichts beschönigen. Ich war machtlos, weil ich jene Kraft, die größer ist als ich, in meinem alkoholischen Denken verloren hatte.Nun lerne ich wieder sehen, denken und meine Ohnmacht erkennen. Es ist eine harte Schule, doch wenn man dann einen Lichtblick sieht, Hoffnung schöpft und neue Kraft verspürt, dann bekommt man auch langsam die Überzeugung, dass es für uns Menschen einen liebenden Gott gibt, der Dir, in mir und jedem Menschen, der an ihn glaubt, offenbart.

 

Der achte Schritt

Ich rief mir alle Personen ins Gedächtnis, die ich gekränkt hatte und wurde willig, sie um Verzeihung zu bitten. Immer wieder wird mein Blick in die Vergangenheit gelenkt.  Komme ich denn gar nicht davon los?  Meine ersten A.A.-Freunde sagten mir doch am Anfang meiner Nüchternheit:

"Das GESTERN ist vorbei das MORGEN ist noch Illusion. Du musst das HEUTE leben!" Weshalb soll ich nun all die alten Wunden wieder aufreißen. Ich kann es doch nicht ungeschehen machen. Es war nun einmal das Schicksal und alle Menschen, die damit verflochten waren, müssen genau so mit ihrem "HEUTE" fertig werden, wie ich. Und war denn wirklich an allem Unglück nur meine Trinkerei schuld? Diese Frage bohrt in mir und ich erwische mich immer wieder dabei, mich bei mir selbst zu entschuldigen, statt bei den anderen. Auch traf ich manchen Freund, der um den achten Schritt und um seine Vergangenheit einen großen Bogen machte, eines Tages betrunken wieder. Er hatte seine Vergangenheit nicht bewältigt. Er hatte sie im Unterbewusstsein vergraben, verschüttet, versteckt und hoffte immer ängstlich, dass sie dortbleibt und nie wieder zum Vorschein kommt.

Mit dem GESTERN auseinandersetzen

Aber dann, eines Tages, als er an nichts Unangenehmes dachte, da begegnete er plötzlich der geschiedenen Ehefrau, oder den von ihm getrennt lebenden Kindern, oder dem früheren Chef, oder dem Freund, der die Schuld nie gemahnt. Da stand sie da - die Vergangenheit!  Nein - das GESTERN ist erst vorbei, wenn ich mich damit auseinandergesetzt habe. Das kann man nicht mit einem Federstrich vom Tisch wischen. Das läuft uns hinterher, - heute, - morgen, - alle Tage. Und dann schleicht sich die Angst in uns ein: "Hoffentlich begegne ich ihr nicht, der Vergangenheit, der geschiedenen Ehefrau, den verlassenen Kindern, den verbitterten Freunden, dem beleidigten Chef, den betrogenen Gläubigern, dem gehörnten Ehemann, der verlassenen Freundin, ihrem unehelichen Kind, der unbewältigten Vergangenheit!" Ich hatte Angst! Angst vor jedem Brief,  vor jedem Gang durch die Stadt, vor jedem Besuch. Es klopft an der Tür: "Wer ist draußen?" .... die Vergangenheit! Und dann wird die Angst größer, sie erfasst den ganzen Menschen, sie erdrückt mich, sie zerschlägt mich, sie ertränkt ihn und dann fängt ES an zu saufen,  ES - mein Unterbewusstsein! Zugegeben, am Anfang hat es mir sehr geholfen, meine Kraft nur auf das "HEUTE" zu konzentrieren Diesem "24Stunden-Plan" habe ich es zu verdanken, dass ich überhaupt nüchtern geworden bin. Ich hätte keine weitere Belastung ausgehalten, zumal es schien, als hätte sich seit meinem letzten Schluck die ganze Welt gegen mich verbündet. Doch nun sind einige Jahre vergangen. Jahre der Genesung. Körperlich, geistig und seelisch erwacht, fühle ich die Kraft in mir, diesen schweren Schritt zu gehen, Ich brauche keine Liste der Personen, die ich durch mein Verhalten gekränkt hatte, denn die Namen haben sich unauslöschlich in meinem Gehirn eingeprägt. Ich habe auch in all den Jahren keinen A.A.-Freund getroffen, der zur Erfüllung des achten Schrittes eine Papierrolle bei sich trug. Wir alle sind mit diesen Namen gezeichnet. Wir können sie nicht vergessen, wenn wir es auch wollten. Vielleicht ist mir der eine oder andere Name entfallen, doch die Person ist in meinem Unterbewusstsein verankert. Ich brauche sie nur zu rufen.

Ich  bitte alle um Verzeihung

Bei mir sind es viele Menschen und bei manchem fiel es mir verdammt schwer, ihn um Verzeihung zu bitten. Immer wieder entschuldigte ich mich, dass es doch gar nicht die Schuld des Alkohols war, der zu diesem oder jenem Schaden führte, für den ich Wiedergutmachung leisten soll. In solchen entscheidenden Augenblicken helfen mir meine Al-Anon ­Freunde weiter, die Nichtalkoholiker, Ärzte, Fürsorger, Angehörige - kurz alle Menschen, die auch nach diesem Programm leben. Von ihnen erfahre ich, dass nicht alle Fehlhaltungen vom Saufen kommen und dass andere auch ihre Schnittchen im Kerbholz haben. Auch diese Menschen bedrückt die Vergangenheit und sie haben in unserem Programm der 12 Schritte die Lösung ihrer Probleme gefunden. Ich lasse mich so gern überzeugen, dass man nun gründlich reinen Tisch machen muss, wenn man schon einmal dran ist. Ich muss wieder einmal ehrlich sein und darf mich nicht hinter Vorbehalten verstecken. Es war schon immer leicht, den anderen zumindest eine Mitschuld anzuhängen, um das eigene Gewissen zu erleichtern. Aber das ist doch deren Problem, inwieweit sie sich mitschuldig fühlen oder nicht. Hier geht es um mich, um meine Schuldgefühle, die ich nicht einfach verdrängen darf.   Da sind z. B. meine erwachsenen Söhne.

Sie blieben nach der Ehescheidung bei der Mutter. Mutterhaus statt Vaterhaus. Es war nicht leicht. Für sie nicht und für mich nicht. Nachdem das Gericht der Mutter die elterliche Gewalt zugesprochen hatte, zog ich mich zurück. Ich wollte nicht "rot" sagen, wenn die Mutter "grünes Licht" gegeben hatte. Erziehen kann man nur, wenn man Vertrauen hat. Und dieses Vertrauen habe ich verspielt. So war ich als Vater abgemeldet. Das schmerzt, tut weh, denn alles hat so starke Parallelen zu meinem eigenen Elternhaus und ich wollte es doch einmal so viel besser machen als mein eigener Vater. Doch wie kann man etwas weitergeben, was man selbst nicht empfangen hat. Nun steht man sich hin und wieder gegenüber und alles ist so fremd, lieblos, beängstigend. Es sind längst keine Kinderaugen mehr, die mich anblicken, aber ich lese so viel unausgesprochene Vorwürfe daraus. Werden sie mich verstehen, wenn ich sie um Verzeihung bitte?

Eine Mutter verzeiht immer

Da ist meine Mutter.

Sie hat mich immer in Schutz genommen. Sie wollte es auch nie wahrhaben, dass ihr Sohn soff. Sie hat sich und mir und der ganzen Familie immer wieder eingeredet, was für tüchtige Menschen wir sind. Bis ich zu Vaters Begräbnis die ganze Verwandtschaft unter den Tisch saufen wollte. Da schluckte sie außer den Tränen um den Verstorbenen auch noch die Scham um ihren Sohn runter. Ich weiß noch ganz genau, mit welchen Sorgen und Hoffnungen sie mich zum ersten offenen Meeting begleitete. Sie hat mir verziehen, mit jedem nüchternen Tag meines neuen Lebens. Da ist die Frau. Sie hat die Kinder allein großgezogen. Sie hat den Vater vertreten. Sie hat die Konsequenzen gezogen und ließ sich scheiden. Für mich ist die Entscheidung nicht abgetan, indem ich der Unterhaltspflicht nachkomme. 600.- DM im Monat, 7200.- DM im Jahr. 72 000.- DM im Jahrzehnt. Nein, das ist kein gutes Ruhekissen. Das täuscht mich höchstens am Tag über die Schuldgefühle, die solange bleiben, bis man endlich verzeiht. Da ist die andere Frau. Sie hielt mich davon ab, dass ich mich tot soff, Sie ließ mich nicht verkommen, Sie hielt zu mir und konnte mir doch nicht helfen. Verzweifelt legte sie ihre ganze Liebe in die Waagschale, doch der Alkohol war stärker.

Da ist der Chef.

Er weiß heute noch nicht, welches grausame Sterben ich für ihn in meinem krankhaften Hirn ausgemalt hatte. Ich habe ihn gehasst. Er war verwünscht und natürlich allein daran schuld, dass ich aus dem Staatsdienst entlassen wurde. Da sind die Freunde. Sie meinten es gut mit mir und ich konnte ihnen doch nicht ehrlich begegnen. Bei jeder Freundschaft war der Alkohol der Dritte im Bunde. Und wer mein Saufen nicht akzeptierte, war für mich erledigt, Wenn ich nun willig werde, alle diese Menschen um Verzeihung zu bitten, stelle ich mir ein recht umfangreiches Arbeitsprogramm. Dieses Wiederaufreißen seelischer Wunden - von alten, vielleicht schon vergessenen und von solchen, die noch schmerzen - mag auf den ersten Blick als ein sinn- und zweckloses Stück seelischer Chirurgie erscheinen. Wenn man aber mit gutem Willen damit begonnen hat, dann werden die großen Vorteile dieses Unterfangens bald zeigen, dass der Schmerz immer geringer wird, zumal wenn man sieht, wie die Hindernisse auf diesem Weg immer weniger werden. Man kann sich wieder frei bewegen. Man braucht keine Angst mehr zu haben, diesem oder jenem Menschen auf der Straße zu begegnen. Man wird frei sein. Diese Hindernisse haben einen sehr realen Charakter. In den Zeiträumen, wo ich über eine schwer gestörte oder zerbrochene Beziehung zu einem anderen Menschen nachdenke, stellen sich meine Gefühle auf Selbstverteidigung um. Ich will das Unrecht, das ich anderen angetan habe, nicht sehen. Statt dessen bemühe ich mich krampfhaft zu erinnern, was man mir Böses zufügte. Dies geschieht vor allem dann, wenn sich der andere Mensch tatsächlich schlecht gegen mich benommen hat. An diesem Punkt muss ich immer wieder sehr streng mit mir ins Gericht gehen. Habe ich den anderen Menschen nicht oft genug durch mein Trinken herausgefordert? Habe ich seine Geduld nicht bis zum Äußersten gespannt? Ist es da nicht verständlich, dass sich der andere wehrt, dass er seine Beherrschung verliert, dass er bös reagiert? Ich muss bei mir anfangen!

Ich darf nichts "vergessen" wollen

Nicht bei den anderen!

In der Erläuterung unserer 12 Schritte steht zu lesen:

"Manche von uns sind aber dann noch über ein ganz anderes Hindernis gestolpert. Sie klammerten sich an die Behauptung, sie hätten mit ihrem Trinken keinem anderen Menschen Schaden zugefügt, sondern eigentlich nur sich selbst. Ihre Familien hätten nichts zu leiden gehabt, da sie doch immer die Rechnungen bezahlten und nur selten daheim tranken. Ihre Geschäftskollegen wurden nicht benachteiligt, da sie sich am Arbeitsplatz meist ordentlich benommen haben und der Ruf habe auch nicht gelitten, denn sie hielten es für sicher, dass nur ganz wenige Leute von ihrem Trinken etwas wussten." "Ein solches Verhalten ist natürlich einfach das Endresultat davon, dass man absichtlich vergessen will. Eine solche Haltung kann nur geändert werden, wenn wir unsere Motive und unsere Handlungen gründlich und ehrlich untersuchen." Wenn ich diese Sätze lese, muss ich unwillkürlich an das geschlossene Meeting beim Ländertreffen in Frankfurt denken, Hier trafen die Meinungen einiger Freunde hart aufeinander, inwieweit man vergessen kann. Ich persönlich bin der Ansicht, dass man nur dann seine Sache als erledigt betrachten kann, wenn man sie wirklich erledigt hat. Und um meine Angelegenheiten ins Reine zu bringen, muss ich mich für den achten und neunten Schritt bereit halten. Mit Hilfe dieser beiden Schritte bewältige ich meine Vergangenheit. Erst wenn ich wirklich alles unternommen habe, meine Fehler wieder gut zu machen und die gekränkten Mitmenschen um Verzeihung bat, kann ich Gras über die Sache wachsen lassen.

Eine gute Hilfe für HEUTE

Letztlich hilft mir dieser Schritt auch im "JETZT" meine mitmenschlichen Beziehungen zu verbessern, Wenn ich mir alle die Charakterzüge und Fehlhaltungen ins Gedächtnis rufe, die während meiner nassen Zeit andere Menschen kränkten, treffe ich gleichzeitig die beste Vorsorge, diese Fehler heute nicht zu wiederholen. Ich will mich dabei stets an die Regel halten, dass ich Dinge, die ich selbst tat, offen zugebe, während ich aber gleichzeitig alles Unrecht, das ich wirklich oder vermeintlich erlitten habe, willig verzeihe. Ich darf dabei weder meine, noch die Fehler der anderen übertreiben, sondern muss mich bemühen, alles ruhig und objektiv zu betrachten. Dabei hilft mir mein Leitspruch:

GOTT -  gib mir die Gelassenheit, die Dinge anzunehmen, die ich nicht ändern kann; den Mut, die Dinge zu ändern, wenn ich es kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."

 

 Der neunte Schritt

Wenn möglich entschuldigte ich mich bei ihnen, es sei denn, ich hätte sie oder andere dadurch verletzt. Der neunte Schritt soll die im achten Schritt gewonnenen Vorsätze in die Tat umsetzen. Wie oft habe ich mir in meinen nassen Tagen schon Sachen vorgenommen, die dann nie verwirklicht wurden. Ich baute mir die schönsten Schlösser - Stein auf Stein - Schluck für Schluck, aber zum Richtfest ist es nie gekommen. Nun muss ich beweisen, dass ich zu meinem neuen Lebensweg stehe.

A.A. KANN MAN NICHT NUR SO NEBENBEI MACHEN.

A.A. fordert den ganzen Menschen. Seinen Mut, seine Verantwortung und immer wieder seine Ehrlichkeit. Es ist nicht damit getan, dass man die Schritte beim Meeting in der warmen Stube diskutiert. Zumindest dieser Schritt fordert, dass ich mich erhebe, dass ich mich aufraffe, nach draußen gehe, um die Menschen aufzusuchen, denen ich Leid zugefügt habe. Und wenn ich dann vor diesen Menschen stehe, dann kommt es mir verdammt hart an, den Mund aufzumachen. Ich stand oft da und fand keine richtigen Worte. Obwohl ich mir vorher jeden Satz meiner Entschuldigung in Gedanken zurecht gelegt hatte, brachte ich nichts über die Lippen. Scham, Verlegenheit, Angst und Hemmungen? Nein! Heute weiß ich, dass ich einfach zu feige war. Ich hatte keinen Mut, weil ich mit jeder Entschuldigung meinte, dass ich mich damit bloßstelle, erniedrige, ins falsche Licht setze. Ich meinte, mein "Image" zu zerstören, mein Gesicht zu verlieren. Dabei hätte ich doch nur meine Überheblichkeit abgelegt, meine Besserwisserei aufgegeben, meine Ehrlichkeit ernst  genommen. Dieser Schritt ist ein Akt der Demut. Wer tritt schon leichten Herzens vor seinen Nächsten und gibt zu, dass er unrecht hatte?

Ich hatte doch immer recht.

  • Ich hatte recht, wenn ich Alkohol trank, denn das war gut für meine Herzmuskelstörung, da der Alkohol die Herzkranzgefäße erweiterte.
  • Ich hatte recht, wenn ich unmäßig rauchte, denn der Nikotin verengte die Gefäße, welche sich vorher etwas zuviel erweitert hatten.
  • Ich hatte recht, wenn ich Kaffee trank, denn schließlich musste ich in meiner "verantwortungsvollen" Stellung nüchtern sein.
  • Ich hatte recht, wenn ich in den Kaffee Steinhäger kippte, denn schließlich konnte ich mir an dem heißen Zeug nicht den Mund verbrennen.
  • Ich hatte recht, wenn ich keine festen Mahlzeiten einnahm, denn Dummheit frisst und Intelligenz säuft.

Und nun soll ich zugeben, dass ich alle meine schönen Begründungen nur dazu benutzt habe, um wirklich saufen zu können?

  • Ich soll zugeben, dass ich all das Geld, was meiner Familie fehlte, weil ich es für meine "Gesundheit" brauchte, dass ich all das Geld zum Fenster rausgeschmissen habe?
  • Ich soll zugeben, dass ihr doch recht hattet?
  • Ich soll das Netz feingesponnener Lügen einreißen und mich als Säufer bekennen?

Das fällt verdammt schwer.

Nun gibt es aber grundsätzlich zwei Arten, um seine Kraftlosigkeit gegenüber dem Alkohol einzugestehen. Entweder man säuft weiter und verkauft die Welt für so dumm, dass uns kein Mensch ansieht, wie es um uns steht, obwohl es die Spatzen von den Dächern pfeifen, oder man gesteht ganz offen, nüchtern und ehrlich, dass man alkoholkrank ist. Für mich hat sich der letzte Weg als der bessere erwiesen. Wenn ich echte Wiedergutmachung leisten will, dann muss ich meinen Alkoholismus dort zugeben, wo er Schaden angerichtet hat. So raffte ich mich immer wieder auf, um den Gang nach Canossa anzutreten. Zum Glück fiel mir auf diesem Weg der zweite Satz des neunten Schrittes ein: "........ es sei denn, ich hätte sie oder andere dadurch verletzt."  Natürlich sah ich im Geist sofort lauter Verletzte um mich herum. Ein Schlachtfeld umgab mich, ich sah nur noch Blut. Das kann man doch nicht machen, dachte ich -- und zog mich wieder zurück. Dieser zweite Satz war der Rettungsanker, an dem ich mein alkoholisches Gewissen aufhängen konnte. Hier fand ich die Hintertüre, die ich schon lange suchte. Schließlich kann man es ja nicht verantworten, wenn ein alter Freund in dem Augenblick vom Schlag getroffen wird, da ich ihm die alten Schulden zahle. Und würde man die Frau nicht verletzen, wenn sie nach der Scheidung sieht, dass der Kerl plötzlich nicht mehr säuft? Ich befriedigte mich schon wieder in einer rosaroten Wolke alkoholischer Ausreden. Das nennt man trocken besoffen"! Ich muss zugeben, dass ich mich zwei Jahre lang nicht überwinden konnte, meine Fehler den Betroffenen gegenüber einzugestehen und um Entschuldigung zu bitten. Heute meine ich, dass dieses Zögern gar nicht so nachteilig war. Ich blieb nämlich trotzdem ohne Rückfall. Als ich noch trank, habe ich mich hin und wieder einmal zu einer Entschuldigung herabgelassen, um nach dem "NIE WIEDER" das Versäumte bald nachzuholen. Mit jeder Entschuldigung habe ich mir einen Ablass erkauft, der mein Sündenregister aufhob. Nie war die Gelegenheit so günstig als bald neu ankreiden zu lassen. Im Endeffekt verlor ich meine Glaubwürdigkeit und alle Entschuldigungen und Beteuerungen waren in den Wind gesprochen. Deshalb sollte ein Alkoholiker das A.A.-Programm nach 24 Stunden Trockenheit nicht mit dem neunten Schritt anfangen. Wir haben doch alle in unserer nassen Zeit unsere Glaubwürdigkeit verloren. Wir dürfen es unseren Angehörigen nicht verübeln, wenn sie unsere Entschuldigungen nicht gleich abnehmen und mehr oder minder offen ihre Meinung durchblicken lassen:

"DER SÄUFT JA DOCH BALD WIEDER!"

Wir haben doch jahrelang Versprechungen abgegeben und nicht eingehalten. Deshalb müssen wir uns erst bewähren, bis man uns wieder glaubt. Und bewährt habe ich mich nicht, wenn ich 14 1/2 Tage ohne Alkohol ausgekommen bin, um dann vermehrt zu saufen. Bewährt hat sich aber auch jener Mitmensch nicht, der mir nach 14 Tagen Abstinenz zur Belohnung e i n e Flasche Bier auf den Abendbrottisch stellt. Welcher Unverstand! Bei solchen Angehörigen brauche ich mich nicht mehr zu entschuldigen! Es gibt leider Menschen, die nicht einsehen wollen, dass ein Alkoholiker auch nach jahrelanger Nüchternheit immer Alkoholiker bleibt und das "erste Glas" nicht trinken darf. Es gibt leider aber auch Menschen, die uns um unsere Nüchternheit beneiden und alles versuchen, dass es zum Rückfall kommt. Meist haben diese armen Dummköpfe selbst ein Alkoholproblem. Eines Tages war es dann soweit. Wem es schwer fällt, eine Entschuldigung auszusprechen, der kann z. B. damit anfangen, dass er den Angehörigen, die auch in den schlimmen Jahren seiner Trinkerzeit bei ihm geblieben sind und zu ihm gehalten haben, seinen Dank ausspricht."DANKE" sagen ist auch eine Entschuldigung. Oft kann man das nicht so direkt, vor allem nicht unter vier Augen. Wer will sich denn schon etwas vergeben?Aber plötzlich findet man eine Gelegenheit und ich erkannte sie, als ich auf einem offenen Meeting in Anwesenheit eines sehr nahestehenden Menschen, den ich gekränkt hatte, sprechen durfte. Ich beendete meine Rede mit folgenden Worten: An dieser Stelle möchte ich einen sehr wichtigen Punkt in der Umstellungsphase eines trinkenden Alkoholikers herausstellen, der für beide Seiten von größter Bedeutung ist.   Der Alkoholiker soll nie das Gefühl haben, dass er aus Liebe zu seinem Partner das Trinken aufgibt. So schön die Worte auch sind, so gefährlich ist die "Trockenheit aus Liebe zu Dir". Beim nächsten Ehekrach (und wo kommt der nicht vor) säuft er wieder und sie ist dran schuld.  So hart es für manche Angehörigen auch erscheint, dass sie nicht der Grund für das solide neue Leben ihres Sorgenkindes sind, so verständlich wird ihnen mein Argument einleuchten:  Ich saufe nicht mehr, weil es m eine Leber ist, die kaputt geht; weit es m e i n e Seele ist die Qualen der Hölle erleidet und weil es m ein Geist ist, der krank ist!  Ich trinke nicht mehr, weit ich Egoist bin und ich bin überzeugt, dass es sich in diesem Falle um einen gesunden Egoismus handelt.  Doch was ist dieser Egoismus des Partners schon, wenn man all das Leid betrachtet, das er in seiner Trinkerzeit über Sie gebracht hat. Was bedeutet dagegen für Sie der Augenblick, wenn sich der Genesende nach Monaten oder Jahren der Nüchternheit zu einer Entschuldigung durchringt, wie ich sie hier für mich und für meine Freunde, die noch keine Worte gefunden haben, aussprechen möchte:

Wir gestanden GOTT, uns selbst und einem anderen Menschen ehrlich unsere Verfehlungen ein. Wenn immer möglich, entschuldigen wir uns bei den Menschen, die wir gekränkt haben,  es sei denn, sie würden dadurch verletzt.

Verzeih mir! Verzeiht! - DANKE ........

Schließlich hatte ich auch das Bedürfnis, mich meiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern mitzuteilen. 2 1/2 Jahre nach meinem letzten Schluck Alkohol war ich endlich soweit, nüchtern über meine Vergangenheit zu sprechen. In der Abgeschiedenheit eines Kurortes rief ich mir alle meine Fehlhaltungen ins Gedächtnis zurück und schrieb einen langen Brief. Dies war zu einem Zeitpunkt, an dem ich auch den Weg zu GOTT, so wie ich IHN heute verstehe, fand; und ich glaube, dass mir diese höhere Kraft die Kraft gab, um Verzeihung zu bitten. Ich möchte über diesen Brief nicht in der Öffentlichkeit sprechen, denn damit würde ich einen Intimbereich verletzen und die Betroffenen vielleicht kränken. So lege ich jedenfalls heute den zweiten Teil des Wortlautes dieses Schritte& aus. Meinen zögernden Freunden möchte ich wiederholen, dass mir dieser Gang nach Canossa dadurch leichter wurde, weil mich der Glaube an eine höhere Kraft begleitete. Nach der klärenden und verzeihenden Aussprache sollte man solche Entschuldigungen ruhen lassen, sonst wird all das zerredet, worum es hier geht. Es bleibt mir nur zu hoffen, dass meine erwachsenen Söhne eines Tages begreifen, was in ihrem Vater vorging. Mit meinen Freunden und Kollegen wurde es mir leichter gemacht. Sie und einige meiner ehemaligen Vorgesetzten sprachen mich von selbst an, wie es denn käme, dass ich plötzlich nicht mehr trinke. Das fiel auf! Und als ich dann im weiteren Gespräch mein Alkoholproblem eingestand, spürte ich instinktiv, dass man mich nicht verurteilte, sondern meiner fortdauernden Nüchternheit Anerkennung zollte. Mancher klopfte mir auf die Schulter und sagte: "Mach weiter so!" Diese Gesten überzeugten mich immer mehr, dass unsere Umwelt den trockenen Alkoholiker ja gar nicht als Mensch zweiter Klasse wertet. Im Gegenteil: Alle wirklichen Freunde bangten um meine Nüchternheit und brachten mir Achtung entgegen, wenn ich den Betriebsausflug oder den Kasinoabend ohne Alkohol überstand. Selbstverständlich gab es auch einige, die mich zum Trinken animierten, die den Beleidigten spielten, wenn ich ablehnte. Die immer wieder sagten:

"NUR EIN GLAS KANNST DU DOCH TRINKEN!"

Aber wer zwingt mich denn, mit diesen Kollegen zu verkehren? Mir ist meine Nüchternheit so wichtig, dass ich auf jene paar Menschen verzichten kann, die für dieses Problem kein Verständnis aufbringen. Sie sind in der Minderzahl. Meistens sind wir Alkoholiker selbst schuld, wenn wir verschweigen, was die Umwelt aufklären würde. So spreche ich oft und  unbefangen mit meinen Freunden und Vorgesetzten über mein Problem und über die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker. Diesen und jenen habe ich schon zu einem offenen oder öffentlichen Meeting mitgenommen und alle zeigten sich sehr beeindruckt. Ganz von selbst ergab sich ein gegenseitiges Verstehen und Verzeihen. Verzeihen kann der Mensch erst, wenn er Einblick in. die Nöte und inneren Konflikte bekommt. Wenn er erkennt, dass die Beleidigung keiner menschlichen Gemeinheit oder Schlechtigkeit entsprungen ist, sondern einem unwiderstehlichen Zwang, der die Sucht kennzeichnet. Wenn wir diesen Einblick verhindern und unsere Krankheit verbergen, verniedlichen, trifft uns selbst die Schuld an neuen Problemen. Wahres Bekennen und Entschuldigen ist für mich eine Voraussetzung zur Genesung.

 

 

Der zehnte Schritt

Ich mache laufend Gewissensinventur und wenn ich unrecht habe, gebe ich es sofort zu. Die vorangehenden neun Schritte helfen mir bei der Bewältigung meiner Vergangenheit.   Mit den folgenden Schritten versuche ich den Ablauf meines t ä g l i c h e n Lebens so zu regeln, damit ich in keine neuen Schwierigkeiten komme. Sie sind mein Leitfaden für 24 Stunden und festigen meine Nüchternheit. Mit ihrer Hilfe versuche ich mein Gefühlsleben im Gleichgewicht zu halten und alle Gefahren, die meine Nüchternheit bedrohen, zu erkennen. Diese laufende Gewissensinventur bezieht sich also nicht mehr auf meine Vergangenheit. Das war eine einmalige Sache, die ich im vierten Schritt erledigen konnte, um dann ein für alle mal zu einem Schlussstrich zu kommen. Nachdem ich mich entschuldigt habe, kann ich endlich sagen

"Das GESTERN ist vorbei!"

Im zehnten Schritt arbeite ich an meiner täglichen Buchführung. Hier gilt nur das HEUTE, mit all seinen Versuchungen und Irrtümern, denen ich widerstehen muss, oder die ich zu korrigieren habe. Es fällt mir nicht immer leicht, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. Oft weiß ich nicht, ob ich hier und da meinen Trieben zu viel Spielraum lasse. Manchmal sehe ich keine Grenze.

Springbrunnen der Gefühle

Andererseits erreiche ich oft ein gutes Ziel nicht, weil ich mir durch Angst und Hemmungen selbst den Weg verbaue.  Ein Freund schilderte diese ständige Selbstkontrolle der menschlichen Triebe und Charaktereigenschaften einmal sehr eindrucksvoll. Er verglich all die ungezügelten Triebe und Regungen mit den Fontänen eines Wasserspieles, wie man es gelegentlich bei Ausstellungen oder in einem Kurpark sieht. Als Regisseur übernehme ich die Aufgabe, ein lebendiges und spritziges Spiel dieser Vielzahl kombinierter wasserspeiender Düsen virtuos zu bedienen. Jede Düse hat ihren Namen. Eine heißt Hoffart, die andere Überheblichkeit. Beide müssen ständig gedrosselt werden. Dort steht die Demut neben dem Glauben. Hier kann man der Aktion freien Lauf lassen. Andere Strahlen bedeuten: Nächstenliebe, Zurückhaltung, Geiz, Egoismus, Neid, Reue, Hochmut, Unmäßigkeit, Selbstbeherrschung, Sex, Eitelkeit, Mut, Ehrlichkeit, Feigheit, Lüge, Selbstmitleid, Zorn, Trägheit, Arroganz und Gelassenheit. Ein abwechslungsreiches Register menschlicher Stärken und Schwächen. Viele dieser Strahlen springen lustig in den Himmel und man hat alle Hände voll zu tun, um die Harmonie des optischen Eindruckes zu erhalten. Dort steigt zum Beispiel die Eitelkeit in die Höhe und muss gedämpft werden. Da tröpfelt der Mut mühselig und droht zu versiegen. Bald sprudelt die Unmäßigkeit unkontrolliert zwischen Egoismus und Neid und während man hier den Geiz mit einem schnellen Daumendruck abwürgt, spritzt dort hinten die Überheblichkeit quer durch die Sinfonie unserer Gefühle. So hat man den ganzen Tag zu tun, den einen Trieb zu dämpfen und den andern aufzuwecken.  Oft findet man nicht die richtige Einstellung und manchmal vermischt sich das eine mit dem anderen. So wird Gelassenheit zur Faulheit und Reue zum Selbstmitleid. Es ist gar nicht so einfach, dieses Orchester hochtrabender Emotionen in den Griff zu bekommen. Man ist den ganzen Tag damit beschäftigt und hat keine Hand mehr frei, um zum Glas zu greifen.

24 Stunden bewusst leben

Was habe ich in diesen 24 Stunden doch alles zu beachten?

Immer wieder beobachte ich an mir kleine oder große Unstimmigkeiten, die ich korrigieren sollte, um keine neuen Probleme aufkommen zu lassen. Das beginnt bereits beim Aufstehen. Manchmal steckt mir irgend eine Unlust in den Knochen und ich verschiebe den Entschluss aufzustehen von Minute zu Minute. Ich weiß, dass ich deshalb auch nicht munterer werde und die Zeit bis zum Arbeitsbeginn irgendwie wieder einholen muss. Aber es wird schon gehen. Dabei verfällt man in die Versuchung sein Äußeres zu vernachlässigen. Zähneputzen wird klein geschrieben und schon rast man wie ein Verrückter zur Arbeit, denn irgendwo muss man die Zeit ja aufholen. Sollte man es doch nicht schaffen, macht man sich Gewissensbisse, ob es auffällt, dass man zu spät kommt. Man überlegt sich bereits eine Ausrede und so beginnt der Tag mit der ersten Lüge. Zum Frühstück war die Zeit natürlich auch zu knapp, aber schließlich reichte es gerade noch zum Kaffee und der Zigarette. Die brauchte man, denn wer setzt sich schon so nervös ans Steuer. Am Arbeitsplatz galt es nun, das Prestige wieder herzustellen. Man wollte ja schon immer etwas besseres sein, als die anderen und zerbrach sich den Kopf, wie man diese gehobene Stellung mit einem Minimum an geistigem und körperlichen Verschleiß erreichen konnte. Am besten, man spricht gleich mal beim Chef vor und erzählt, wie man sich für den Beruf einsetzt und dass die anderen Kollegen so umständlich arbeiten. Wer angibt hat mehr vom Leben natürlich tut man das in aller Bescheidenheit. Man weiß schon, welche Masche zieht, denn letzten Endes ist man die Schauspielerei von früher gewohnt. Jetzt, wo man nüchtern alles überblickt, kann man ja die anderen für seine Zwecke ausspielen, denn die Tage, wo die Kollegen für uns noch mitarbeiten mussten, sind vorbei. Bei A.A. hat man gelernt, dass man die Vergangenheit ruhen lassen muss, also soll mir keiner mehr damit kommen, was früher war und wie er mich gedeckt hat. Heute gilt mein Wort. Außerdem verbittet man sieh diese Vertraulichkeiten. Wo kämen wir denn da hin? Die Arbeit ist doch ein harter Kampf ums Dasein, doch bei genauerer Betrachtung erschöpft man sich weniger an seiner eigentlichen produktiven Leistung, für die man ja bezahlt wird; sondern am Ausbau und der Behauptung seiner Stellung gegenüber den Mitarbeitern. Kein Wunder, dass man am Nachmittag todmüde heim kommt, Doch da wartet schon die Frau mit den neuesten Nachrichten und die Kinder freuen sich, nun endlich den Vater für sich zu haben. Sicher hat man ganz dringend etwas anderes zu tun und setzt das Verständnis der ganzen Familie voraus. Da man nicht in Ruhe gelassen wird, verschafft man sich mit einigen lauten Worten Respekt und trauert gleichzeitig unbewusst der leider bewältigten Vergangenheit nach, wo man sich nach getaner Arbeit bei einem Bier in irgend einer Kneipe entspannen konnte, um umzuschalten, Was ist das doch für ein Leben! Da man sich zu Hause nichts mehr zu sagen hat, denn dazu war ja jahrelang Zeit, sucht man nach einem guten Grund, sich abzusetzen. Man scheut keine lange Autofahrt zu einem Meeting in der Nachbarstadt, denn in der eigenen Gruppe ist gerade keins und schließlich muss man etwas für seine Nüchternheit tun. Außerdem braucht man wieder einmal die Bestätigung, was für ein Kerl man ist. Da man in der eigenen Gruppe schon zu bekannt ist, geht man als "Gast«' zur fremden Gruppe. Hier wird man endlich wieder angehört, darf vielleicht das Meeting leiten, denn überall in A.A. ist man froh, wenn ein neuer Sprecher auftaucht. So kann man wieder mal richtig eine Show abziehen, obwohl man nur alte abgedroschene Phrasen wiederholt, die man bei den Meetings der eigenen Gruppe x-mal auf ihre Wirkung erprobt hatte. Vielleicht lernt man bei dieser Gelegenheit auch noch eine neue A.A.-Freundin kennen, bei der man sich dann gleich als Sponsor versucht. Man hat ja so seine Erfahrungen. Außerdem sollte man immer etwas tun, um sein Selbstbewusstsein zu heben und das geschieht zum Beispiel, indem man sich bei einer neuen Eroberung als Mann bestätigt. Wenn man dann nach Hause fährt, denkt man vielleicht auch mal an die eigene Frau. Es ist doch eigenartig, dass sie überhaupt kein Verständnis hat, wenn man jeden Abend zum Meeting muss oder im "12. Schritt" arbeitet. Schließlich bleibt noch das Wochenende. Nun hätte man ja mal Zeit, ganz für die Familie da zu sein, aber da kommt schon der erwartete Besuch lieber A.A.-Freunde und so redet man Stunde um Stunde nur über A.A.. Der Klatsch blüht und man tut wieder etwas für seine Selbstbestätigung. Außerdem ist es im verräucherten Wohnzimmer wesentlich gesünder als bei einem Waldspaziergang mit der Familie. Man gießt den Kaffee literweise in sich hinein und ist stolz, dass man keinen Alkohol mehr trinkt.

Ich darf ja alles - nur nicht saufen! 

Dabei merke ich gar nicht, wie ich von einem Extrem ins andere falle und ein Problem los werde, um mir ein neues an den Hals zu hängen. Es fällt mir verdammt schwer, mein Leben richtig einzuteilen. Sicher - ich brauche A.A.; aber ich brauch auch meinen Beruf, meine Familie, meine Gesundheit, mein Hobbymeine Entspannung und meine geistige Erbauung, die ich außerhalb A.A. suchen sollte. Das Wichtigste ist aber, dass auch meine Familie mich braucht, dass meine Arbeitskollegen von mir einen Beitrag  erwarten und dass ich meinen Egoismus zurückstelle. Die Tatsache, Alkoholiker zu seinverleiht mir keine Sonderstellung in der Gesellschaft. Natürlich ist es recht schwer, wenn nicht gar unmöglich, allen gerecht zu werden. Der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden und oft wird die schönste Einteilung dadurch über den Haufen geschmissen, dass das Wetter nicht mitspielt, oder dass man seine Unlust, einen bestimmten Plan auszuführen, einfach nicht überwinden kann. Manchmal sind es auch andere Menschen, die glauben in mein Leben eingreifen zu müssen und mir die Zeit stehlen. Mit all dem muss ich aber fertig werden. Das ist das Leben. Es lässt sich nicht nur von mir planen, sondern es stellt auch unberechenbare Forderungen an mich, mit denen ich fertig werden muss. Um bestehen zu können, muss ich mich bemühen, das Leben in jeder Situation zu meistern. Dabei versuche ich, den Gegebenheiten der Stunde gelassen gegenüber zu stehen. Gelassenheit heißt innere Ruhe, nüchternes Abwägen der Situation, keine übereilte Entscheidung, die man hinterher bedauert. Die meisten Dinge in unserem Leben bedürfen keiner sofortigen Entscheidung. Wir machen meist selbst alles nur so brandeilig. Vieles wäre besser, wenn wir manche Sache einmal überschlafen hätten. Oft haben sich dann die Dinge schon von selbst geregelt oder ein Problem hat seine überdimensionale Größe verloren. So suche ich das Gespräch mit meinen Freunden zur geistigen Erbauung und nicht zum Ratschen und Tratschen. Sicher kann man nicht immer über ernste Themen sprechen und ich fühle es recht gut, wie mich manche witzige Blödelei auflockert und Freude in meine Gedanken bringt. Aber all das sollte ausgewogen verteilt sein und zwischen den Gesprächen darf man die Pausen der Besinnung, des Schweigens und des Zuhörens nicht vergessen.

Mein Ziel ist, bewusst zu leben.

Bewusst leben heißt aber, laufend Gewissensinventur zu machen, so wie es der 10. Schritt empfiehlt. Die zweite Forderung, nämlich getroffenes Unrecht sofort zuzugeben, ist damit unmittelbar verbunden. Ich vergleiche mein tägliches Tun und Handeln mit einer Kette verknüpfter Entscheidungen. Nach allem, was mir an Gedanken in den Kopf kommt, steht ein "Ja" oder "Nein", um es abzulehnen oder auszuführen. Das heißt, zur logischen Entscheidung im JETZT gibt es nur zwei Möglichkeiten. Da ich kein automatischer Rechner bin, der aus logischen Schaltungen und Verknüpfungen besteht, treffe ich sicher auch FehlentscheidungenMeist dauert es nicht lange, bis ich diese als solche erkenneJetzt stehe ich aber vor der großen Bewährung, diese Fehler auch sofort zuzugeben. Es ist eine meiner Schwächen, diese Fehler möglichst unbemerkt vertuschen zu wollen. Ich meine, ich vergebe mir etwas, wenn ich manchen verzapften Mist unumwunden eingestehe. Oft versuche ich das missglückte Ereignis mit einer weiteren "Notlüge" zu entschuldigen und dann dauert es nicht lange, bis ich mich durch an den Haaren herbeigezogenen Ausreden in ein unentwirrbares Lügennetz verstrickt habe. Erst in dieser Situation wird mir klar, dass es besser gewesen wäre, alles gleich zuzugeben, denn am Anfang wäre es noch ganz gut gegangen. Hier muss ich noch viel an mir arbeiten. Diese tägliche Inventur ist eine "Sofort-Kontrolle" meines Lebens und es liegt an mir, ob die Bilanz aus den roten Zahlen meiner alkoholischen Vergangenheit herauskommt.

 

Der elfte Schritt

Durch Gebet und Betrachtung suche ich den Kontakt mit GOTT so wie, ich IHN verstehe zu vertiefen. Ich bitte IHN, mir seinen Willen kundzutun und um die Kraft, ihn auszuführen  Für mich ist dieser Schritt der schwerste Teil des A.A.-Programmes. Dieser Aufforderung zum täglichen Gebet und zur Meditation kann ich nur dann nachkommen, wenn ich spüre, dass sich ein gewisser Kontakt einstellt. Ein Kontakt, der mir sagt, dass ich keine Phrasen gegen die leere Wand spreche. Ein Kontakt, der meinen Glauben bestärkt, dass mein Leben und alles Geschehen um mich nach dem Willen Gottes abläuft. Und diesen Kontakt kann ich leider nicht selbst herstellen. Manchmal vergehen Tage, Wochen oder sogar Monate, bis ich wieder dran bin. Und in dieser Zeit entstehen Zweifel. Ich weiß, dass ich mich vor diesen Zweifeln in Acht nehmen muss. Meine Gedanken laufen dann ungewollt in eine Richtung, die mich von Gott entfernt, statt näher zu bringen. Ich zerbreche mir den Kopf, weshalb in diesem Augenblick überall in der Welt noch Kinder verhungern. Ich frage, warum immer wieder Kriege mit ihren scheußlichen Grausamkeiten über unschuldige Menschen hinwegfegen, Ich ertappe mich bei der Sammlung von Argumenten, die alle g e g e n Gott sprechen.

Ich suche das Wissen um Gott 

Mein "Nicht-Verstehen-Können" treibt mich dann unweigerlich auf die Suche nach einem Beweis der Existenz Gottes. Ich versuche, IHN zu lokalisierenIch versuche mir seine Gestalt vorzustellen und ich muss immer wieder einsehen, dass mein Geist hier nicht mehr mitkommt. An diesem Punkt schäme ich mich oft meiner Gedanken und fühle mich so richtig hilflos. In einer solchen Situation komme ich mir ganz klein und hässlich vor. Ich sehe meine Grenzen und ich gestehe mir ein, dass diese Grenzen in Wirklichkeit viel näher liegen, als ich wahrhaben will. Das Nichtverstehen meines Geistes beginnt ja schon in der höheren Mathematik, wo ich genauso hilflos vor einer Integralrechnung stehe, die mir nichts sagt, aber für den Experten ein kleiner Fisch ist. Ich höre mit Unverständnis eine Abhandlung über Kernspaltungsprozesse in der Atomphysik und nehme andererseits die Explosion einer Wasserstoffbombe im Südpazifik als Randerscheinung hin. Warum sollte die Bombe nicht explodieren? Schließlich haben das Menschen mit klügeren Köpfen alles genau berechnet, Ich sehe ein, dass ich nichts weiß und will trotzdem alles wissen. Ich suche das Wissen um Gott und dann stehe ich vor dem Werk eines großen Theologen genau so, wie vor der komplizierten Rechnung aus der höheren Mathematik mit den unverständlichen Integralen und Unbekannten. Komischerweise gelingt es mir aber, mit den Unbekannten X und Y der Mathematik in meinem Nichtverstehen innerlich leichter fertig zu werden, als mit jener Unbekannten, die sich als "Größer ab wir selbst" vor meinen Augen versteckt. Ich kann nicht sehen und vielleicht ist das ein Zeichen meiner Krankheit  - die alkoholische Blindheit. Wer krank ist soll zum Arzt gehen und ich scheue den Weg nicht, etwas gegen meine Blindheit zu tun. Ich besuchte viele Meetings, ich sprach mit vielen Ärzten und Pfarrern und ich fand einen Weg. Einen einfachen Weg. Meine Freunde warnten mich davor Gott in die Höhe zu projizieren, wo ihn kein Mensch erreichen konnte und gleichzeitig seine Gestalt neben mir erkennen zu wollen. Sie warnten davor, mich selbst zu überschätzen. Der Weg, der zu Gott führt, ist der Weg der DEMUT. "K I S S" sagte mein Freund:

 Keep it stupid simple

Halte es so einfach wie möglich Das war die Lösung. Ich dachte an mein Kind. Mein Junge ist 7 Jahre und hat keine Schwierigkeiten, den Kontakt mit Gott zu vertiefen. Jeden Abend betet er vor dem Einschlafen und seine Gebete sind es, die mir zu denken geben. Da heißt es: "Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe beide Augen zu, Vater lass die Augen Dein, über meinem Bettchen sein. Alle, die mir sind verwandt, Gott, lass ruhn in Deiner Hand, aber meine Lehrerin nicht, denn die war heute so gemein und ungerecht zu mir - Amen" oder "Vater unser, der Du bist im Himmel, bitte mach, dass ich morgen meinen Freund verhaue und Sieger bleib und mach, dass die Lehrerin nicht merkt, dass ich meine Schulaufgaben nicht gemacht habe, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes - Amen"  Dann kriegt der Bengel seinen Vater um den Hals, gibt ihm einen "GUTENACHT-KUSS", dreht sich um und ist bald eingeschlafen. Friedlich und fest, wie ein Murmeltier. Er braucht Gott, um friedlich schlafen zu können. Er braucht Gott, um die vielen kleinen und großen Sorgen seines jungen Herzens abladen zu können. Und er glaubt ganz fest, dass Gott ihm morgen zur Seite steht, wenn er seinen Freund verhaut. Das gibt ihm Mut, das gibt ihm Kraft, mit seinem Leben fertig zu werden. Oft beneide ich ihn um seine Unkompliziertheit.

"K I S S"

So gesehen wird es mir leichter mit Gott in Verbindung zu treten. Oft gelingt es mir dann, auch meine Sorgen und Probleme bei ihm abzuladen und ich fühle mich nach einem solchen Kontakt befreit und gestärkt. Ich erkenne, dass ich ihn brauche, wenn ich nicht mehr weiter weiß und ich verstehe die Richtigkeit des Wortes von VOLTAIRE:

Wenn es Gott nicht gäbe, müssten wir ihn erfinden

Ich brauche diese höhere Kraft, um ihr Verantwortung zu übertragen, die ich nicht auf mich nehmen kann, weil sie über meine Kräfte geht, Ich brauche jene Kraft, die stärker ist als ich selbst, um meine Sorgen abzuladen und ich brauche sie, um mit ihr im Gebet über meine Probleme sprechen zu können. Besonders wenn ich allein bin und keinen verstehenden Menschen mehr um mich haben. Wir Menschen brauchen einen VATER, der uns Vorbild und Wegweiser ist und der immer für uns da ist Ob wir diese höhere Kraft "G 0 T T" nennen, ist nach meiner persönlichen Meinung von sekundärer Bedeutung. Warum soll ich es nicht tun, wenn es alle tun? Will ich schon wieder etwas besonderes sein? Ich glaube, dass ich auf meiner Suche nach Gott nicht allein bin. Wohl jeder denkende Mensch hat Zeiten, in denen er in seiner Verzweiflung an Gott zweifelt. Ich habe selbst von Pfarrern gehört, dass auch sie in einer ständigen Auseinandersetzung mit Gott leben und ähnlichen inneren Kämpfen ausgesetzt sind, Einer sagte mir einmal, es geht ja gar nicht um Gott, es geht um die Menschen. Die Menschen haben sich eine Religion geschaffen, als es noch kein Strafgesetzbuch und kein BGB gab. Dieses Gesetz der 10 Gebote regelte die menschlichen Beziehungen untereinander und da alle Menschen gleich sind, wurde Gott als imaginäre Kraft zum Richter erhoben.

Nur das Beispiel überzeugt

Nachdem es zu allen Zeiten Menschen gab und gibt, die außerhalb des Gesetzes leben, rauben, morden, betrügen, vergewaltigen und falsches Zeugnis reden, muss es auf der anderen Seite auch Menschen geben, die Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Sauberkeit vorleben.

 Denn nur das Beispiel überzeugt! 

So überzeugte Jesus die Menschen durch seine unbegrenzte Nächstenliebe. So überzeugte der Pfarrer seine Gemeinde durch seine unermüdliche Fürsorgebereitschaft und so überzeugte der Nüchterne den Nassen. So überzeugt ein Kranker, der geduldig seine schweren Leiden erträgt, jenen Jammerlappen, der sich selbst bemitleidet und so überzeugt der Vorgesetzte im Beruf durch seine eigene beispielhafte Lebenshaltung. So überzeugt ein Mensch, der sich für andere Menschen ans Kreuz nageln ließ und auch dieser Mensch hatte Zweifel, als er rief:  "Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?!" Es geht also um das Beispiel, denn nur aus dem Beispiel schöpfen einige hunderttausend anonyme Alkoholiker die Kraft für die Nüchternheit der nächsten 24 Stunden. Diese Kraft muss ihren Ursprung im Glauben an eine Kraft, die größer ist als wir selbst, haben und für mich gilt es, diesen Glauben zu festigen. Hier kann ich meine Nüchternheit auf hängen.

Spiritum contra Spiritus 

Hier kann ich meine Seele stärken und meinen Geist auftanken. Doch dafür gibt es keinen Stundenplan. Ich kann nicht täglich mit meinem Auto zur Tankstelle fahren um 40 Liter Benzin nachfüllen zu lassen. Voraussetzung wäre, dass ich diese Menge zuvor verfahren habe. Ich kann auch nicht täglich oder zu bestimmten Stunden mit Gott in Kontakt kommen. Ich muss warten, bis ich leer bin, bis ich aufnahmefähig bin, bis ich Durst habe.  Hier bewahrheitet sich das Wort: Ich muss Durst haben, um in Kontakt zu kommen. Ich respektiere den regelmäßigen Kirchgänger (schon aus dem einfachen Grund, weil ich früher auch regelmäßig ins Wirtshaus ging). Ich respektiere die Gebetsrufer des Islams, die pünktlich zur festgesetzten Stunde ihr Signal vom Turm der Moschee verkünden. Ich respektiere das Läuten der Kirchenglocken zu bestimmten Zeiten. - - - aber ich akzeptiere es für mich nicht. Ich akzeptiere es auch nicht, wenn ich zu Beginn eines Meetings vom "Chairman" aufgefordert werde, zu einer Schweigeminute aufzustehen. Ich akzeptiere es auch nicht, wenn jener "Chairman" am Schluss eine ähnliche gymnastische Übung mit dem gemeinsamen Sprechen des Gelassenheitsspruches durchführen lässt. Um zum, Wesentlichen zu kommen sind meines Erachtens solche Turnübungen, die ja anderenorts üblich sind und von daher bei vielen unliebsame Erinnerungen wachrufen, wirklich nicht nötig. Ich muss allein sein, um Kontakt zu bekommen. Ich kann leider keine Frommen Lieder singen und will es auch gar nicht. Ich muss mich Gott, so wie ich IHN verstehe, freiwillig nähern - und nicht nach dem Dirigentenstab des Chorleiters. Unsere Begegnung ist unverhofft. Vielleicht, wenn ich bei einer Wanderung an einer verlassenen Kapelle vorbeikomme, oder wenn ich allein durch den Wald streife. Der Gott, den ich meine, ist überall. Nicht nur in den Kirchen und auf den Friedhöfen. Ich begegne ihm im täglichen Leben, mitten unter uns. Im Straßenverkehr, im Beruf, in den Menschen, die um mich sind. Ich begegne ihm in der Natur, in den Pflanzen, in den Tieren. Und besonders in den Kindern. Ich muss nicht unbedingt mit gefalteten Händen bestimmte Sprüche auswendig herunterleiern. Oft meine ich, ich bin ihm nah, wenn ich an gar nichts denke, abschalte und eine riesige wohltuende Leere der Unendlichkeit in und um mir aufgeht. Das kann man nicht beschreiben. Das kann man nur erleben, doch dieses Erlebnis kann man nicht zu einer festgesetzten Stunde erzwingen.  

Danken statt Bitten 

Ich muss leider gestehen, dass ich es schon bei der Beerdigung nahestehender Menschen auf dem Friedhof erlebt habe, dass meine Gedanken wenig pietätvoll auseinander liefen. Dass ich beim Gebet des Pfarrers ans Mittagessen dachte. Ich weiß nicht, woher diese dummen Gedanken kommen. Aber das Recht auf Dummheit gehört zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Früher meinte ich, dass Beten mit Bitten gleichbedeutend ist. Heute weiß ich, dass man unter einem Gebet jede Zwiesprache mit einer höheren Kraft versteht. Und ich kann nur noch Danken. Bitten heißt für mich, dass ich meinen Willen durchsetzen möchte, dass ich meine Wünsche erfüllt sehen will. Das passt nicht zum dritten Schritt. Wenn ich mein Leben einer höheren Kraft anvertraue, dann läuft es auch so, wie es bestimmt ist. Ich muss nur lernen zu hören, damit ich Seinen Weisungen folgen kann. Ich kann nur immer wieder DANKE sagen, dass das Leben bisher trotz dieser alkoholischen Verirrung so gut abgelaufen ist. Das DANKE sagen. fällt mir leichter als das Bitten. Und wenn ein Tag besonders mies war, dann fällt das DANKE mal eben unter den Tisch. Die Sonne scheint schon wieder - und dann kann ich alles nachholen. Vor allem das DANKE für meine anhaltende Nüchternheit. Meine A.A.-Freunde hatten recht, als sie mir vor Jahren sagten: " Du musst nur das erste Glas meiden und auf Gott vertrauen, dann geht alles andere von selbst !"  Auf Gott vertrauen heißt aber nicht, dass man die Hände in den Schoß legen kann, um zu warten, was passiert. Hier muss man sein Ohr schulen, um die richtige Antenne für solche Eingebungen zu bekommen, die aus dem Schlamassel herausführen.  Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass Gott allein sich darum kümmert. (Martin Luther King) Ich musste zwei Jahre warten, bis ich mich auf die richtige Wellenlänge einstellen konnte.

Einmal fällt der Groschen

Heute glaube ich, dass das damalige "Klick" mit meiner Nüchternheit zusammen fiel. Vorher war ich nur trocken. Vorher war ich nicht zufrieden, sondern achtete verkrampft darauf keinen Alkohol zu trinken. In dieser Verkrampfung kann man nicht auf die Dauer nüchtern bleiben. Man fühlt sich ewig leer und unausgefüllt. Ich spüre in der ganzen Zeit ein Loch in mir, dass wohl verblieb, als man mir die Flasche wegstellte. Dieses Loch gilt es auszufüllen und das kann ich nicht, wenn ich pausenlos nur mit A.A. über A.A. spreche  Meine Freude ist nicht gerade überschäumend, wenn sich am Wochenende ein diesbezüglich im weiten Umkreis bekannter A.A.-Freund ansagt. Stundenlang gibt es kein anderes Thema als Klatsch über "Anonyme" Alkoholiker zwischen der Nordsee und den bayerischen Alpen. Selbst beim Mittagessen fällt ihm zwischen zwei Bissen ein A.A.-Freund aus dem Gesicht., Ich glaube, der arme Mensch weiß gar nicht, was er isst. Und dann bildet man sich noch ein, ein geistig hochstehendes Gespräch zu führen.  Spiritum contra Spiritus? -   NEIN! A.A.-BESOFFEN!  Man kann alles übertreiben und ich weiß, dass ich selbst dazu neige.

Anonyme Alkoholiker sind keine Sekte

Die Gefahr der Übertreibung kommt auch in der Ausübung des elften Schrittes auf uns zu. Wir übertreiben unsere Verbundenheit mit Gott durch gemeinsame Gebete und verfallen ins Ritual. Damit werden wir zur Sekte und haben ohne es zu merken die Türe hinter uns zugemacht, Draußen steht der leidende Alkoholiker -und er bleibt draußen. Ich meine, das schönste Geschenk Gottes ist die menschliche Freiheit. Wir sind frei in unserer menschlichen Entscheidung und sollten das auch für unsere Mitmenschen respektieren. Es bleibt jedem selbst überlassen, inwieweit er sich des Gebetes bedienen will, um s e i n e m Gott näher zu kommen. Auf das "Näherkommen" überhaupt kommt es an. Dazu sollten wir ihn ermutigen. "Tritt doch einmal etwas näher heran" mahnt dieses Bild. Auch wenn das Kreuz leer ist. Auch wenn die Fesseln gesprengt sind. Ich meine, dass ich erst dann etwas näher herantreten könnte, nachdem ich die Fesseln der Alkoholsucht sprengen konnte. Als Nasser" fehlte mir jede Beziehung. Da konnte der vom Kreuz nicht helfen. Da hatte ich einen anderen "Tröster". Ohne Heiligenschein ....... aber dafür mit drei Sternen. Heute erst werde ich mir jeden Tag meiner Freiheit erst richtig bewusst. Ein Leben ohne trinken zu müssen. Ein Leben, das ich keinem Menschen und keiner Droge mehr unterordnen muss, denn es gibt nur eine Kraft über mir, Gott, so wie ich IHN verstehe. ,Herr, ich bitte Dich, mir Deinen Willen kund zu tun und um die Kraft, ihn auszuführen."

 

Der zwölfte Schritt

Als Folge dieser Schritte seelisch erwacht, versuche ich, anderen Alkoholikern diese Kunde zu überbringen und diese Prinzipien in meinen täglichen Angelegenheiten anzuwenden. Der letzte Schritt dieses neuen Lebensweges anonymer Alkoholiker ist der Anfang meiner bewusst erlebten Nüchternheit. Zwar versuchte ich schon gleich nach meinem ersten Schritt im zwölften missionarisch tätig zu werden und hätte mich am liebsten auf den Marktplatz gestellt, um aller Welt diese wunderbare Sache zu verkünden. Das war aber im Trockenrausch, in der Euphorie der ersten Nüchternheit. Vielleicht habe ich damals den zwölften Schritt auch falsch verstanden. Ich betrachtete jede Bemühung um einen nassen Alkoholiker als Arbeit im zwölften Schritt und war naiv genug zu glauben, dass ich nach einigen Monaten Trockenheit bereits über der Sache stehe. In der A.A.-Sprache nennt man solche Leute "Two-Stepper", was so viel wie "Zwei-Schrittler" heißt. Ich war zwei Jahre lang in diesem Zustand. Zwar führten meine Bemühungen bei anderen Alkoholikern zu keinen langanhaltenden Erfolgen, jedoch ich blieb dabei nüchtern und das war die Hauptsache. Mit der Zeit kam mir die Arbeit mit den immer wieder rückfällig werdenden Freunden aber zu unbequem vor und als mein erstes "A.A.-Baby", in welches ich all meine Kraft investiert zu haben glaubte, rückfällig wurde, verlor ich den Mut. Plötzlich schien mir die ganze Sache fragwürdig. Ich war A.A.-müde und hatte es satt von anderen in meiner wohlverdienten Ruhe gestört zu werden. In dieser Zeit war meine Nüchternheit am meisten gefährdet. Ich wurde gleichgültig. Erst als man mich aufmerksam machte, dass ich meine Suchtveranlagung bis an mein Lebensende behalte und täglich wachsam sein muss, um von meinem ärgsten Feind nicht hinterlistig überrascht zu werden, macht es zum zweiten Male "KLICK". Plötzlich verstand ich, dass dieses Programm aus mehr als zwei Schritten besteht und langsam füllte sich die gähnende Leere, die wohl die entschwundene Flasche in mir hinterlassen hatte. So verstand ich auch, dass ich meinen ersten Freunden nicht viel gegeben habe, denn mit dem trockenen Vorleben und dem eindringlichen Rat, das erste Glas wegzulassen, ist es nicht getan. Zunächst wurde mir klar, dass ich nicht jedem Alkoholiker helfen kann. Voraussetzung ist, dass mein alkoholkranker Freund bereit ist, meine Hilfe anzunehmen und dass ich ihm etwas zu sagen habe. Ich muss lernen, dass nicht jeder Alkoholiker, der den Wunsch äußert, mit dem Trinken aufzuhören, vorbehaltlos bereit ist, meine Hilfe anzunehmen. Oft kommt er nicht zu A.A., weil ihm das Wasser bis zum Hals steht und der Schnaps aus den Ohren läuft, sondern weil man ihn drängt. Dieses "man" ist sehr versteckt! Da scheint es beispielsweise, dass die Ehefrau nun doch endlich ernst macht und die Scheidungsklage vor Gericht bringt. Oder das Vormundschaftsgericht droht mit einer Entmündigung. Oder der Arzt stellt die Einweisung in eine Klapsmühle in Aussicht. Oder der Chef spricht von der Entlassung. Und so schiebt man den Alkoholiker zu A.A.. Hier quälen wir uns gegenseitig~ denn der neue Freund hat meist nur das Ziel, den anderen zu beweisen, dass er es mit seiner Nüchternheit ernst meint. Damit erreicht er, was er wollte, nämlich die Aussetzung des Scheidungsverfahrens, die Absetzung der Entmündigungsklage, die Umgehung der Entziehungsanstalt oder die Rücknahme der Kündigung. Und hat er das erreicht, säuft er bald wieder. Erst heimlich, dann unheimlich. Er selbst wollte ja gar nicht auf sein Suchtmittel verzichten, sondern die anderen wollten es. Er wollte ja meine sondern die anderen ihm hilft. Und das funktioniert nicht!  Ich habe seit Jahren Gelegenheit immer wieder mit alkoholkranken Menschen in Krankenhäusern und Anstalten zu sprechen. Die ganze Gruppe demonstriert den Patienten, wie man mit Hilfe dieses Programms einen neuen nüchternen Lebensweg gehen kann, aber zu uns kommen muss der Patient allein. Aus freiem Willen und in eigener Entscheidung.

Schieben hat keinen Zweck. Und wenn der Alkoholiker erkannt hat, dass er erst seinen Mann stellt, wenn er kein Bier mehr trinkt, wenn er den täglichen Verführungen der Gesellschaft und der Reklame in Zeitung und Fernsehen widersteht, wenn er sich selbst zugibt, dass er nicht wie andere trinken kann und nicht mehr saufen will dann ist die Zeit für ihn reif. Dann hat er endlich kapituliert. Ob aber nun gerade ich der Richtige bin ihm Hilfe zu geben, steht damit noch lange nicht fest. Vielleicht passt ihm meine Nase nicht. Vielleicht bin ich unter seinem Niveau? Vielleicht finden wir nicht die Wellenlänge, auf die es ankommt, wenn er uns verstehen soll. Bei den Bemühungen um den anderen darf ich nicht vergessen, dass ich selbst über zwei Jahrzehnte gesoffen habe und für die wohlmeinenden Ratschläge meiner Umwelt kein Ohr hatte. Und wenn es nicht ausgerechnet jener Arzt gewesen wäre und glücklicherweise ein mir zusagender Sponsor , weiß Gott, ich würde heute noch saufen oder wäre auf dem Friedhof.

Nicht müssen - selbst wollen

Ich glaube, es war für mich ungeheuer wichtig, dass mich weder der Arzt noch mein Sponsor drängten. Nie hörte ich Worte wie: "Du musst" "Du darfst nicht . ." "Lass das sein . . ." "Nie mehr . . ." usw. Angenehm berührten mich die Ratschläge: "Ich mache es so und so, vielleicht hilft's Dir auch." "Wenn Du saufen willst, ist das Deine Sache." "Ich kann Dir nur aus meiner Erfahrung mitteilen." "Du solltest es für Dich tun!" Es kommt also immer darauf an, ob der eine seinen "Tiefpunkt" hat und der andere ihm etwas sagen kann, was "ankommt". Da man beides nicht voraussehen kann, muss man es immer wieder darauf ankommen lassen. Der zwölfte Schritt verlangt unermüdliche Einsatzbereitschaft und wenn einmal der Funke übergesprungen ist, dann heißt es am Mann bleiben. Das fordert Kraft, Unbequemlichkeiten, Ärger, doch alles ist vergessen, wenn man dann sieht, wie sein Sorgenkind wächst und man schließlich an dessen ersten oder weiteren A.A.­Geburtstag alles tausendfach zurückerhält. Bis dahin ist aber ein weiter Weg und hier ist es nach meiner Ansicht wichtig, dass man versucht, die zwölf Schritte gemeinsam zu gehen. Schritt für Schritt ‑ immer wieder.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt 

Mit der Zeit erkannte ich, dass mir meine neuen Freunde viel zu sagen hatten. Ich erlebte Auslegungen des Programms, die mich selbst weiterführten. Ich erkannte meine eigene engstirnige Deutung und erfuhr die wahre Tragweite der Schritte. Ich begann an dieser Arbeit zu profitieren - für meine eigene Nüchternheit. Oft erlebte ich, dass mein neuer Freund schon wesentlich weiter im Programm ist. Dadurch beschäftigte ich mich intensiver, um auch weiter mitreden zu können. Ich freute mich auf jedes Meeting, welches uns gemeinsam weiterführte. Da hat kein Klatsch Platz, da wird unser Lebensweg aufgebaut. Stein für Stein - Schritt für Schritt. Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Ich denke da an den einen oder anderen A.A.-Freund, der eine glänzende Idee hat, z.B. um die Finanzmisere unserer Gemeinschaft zu beseitigen. Man propagiert seine Idee und überzeugt die gewählten Sprecher, doch wenn es an die Verwirklichung der Maßnahmen geht, ist man nicht mehr zuständig. Schließlich wirft man ja bei jedem Meeting sein Scherflein in den Hut und meint damit seine Pflicht und Schuldigkeit getan zu haben.   Dabei interessiert es nicht, ob die eigene Gruppe pünktlich den aus einem Zeitschriften-Abonnement entstehenden Verpflichtungen nachkommt, ob die Miete für den Meetingraum entrichtet ist und ob für Neulinge genug bezahlte Literatur zur Verfügung steht. Dazu hat man ja neue Freunde als Kassierer oder Literaturverwalter bestellt, um sie vertrauenswürdig zu machen. Leider blicken die Neuen aber oft nicht durch, weil ihnen A.A.-Erfahrung fehlt.

Tue es selbst - auch wenn´s schwer fällt

Man fühlt sich selbst aber mit dem Weiterschieben dieser kleinen Pöstchen aller Verantwortung enthoben und hat seine Ruhe. Und beim nächsten Meeting tut man ganz erstaunt, warum z. B. die Zeitschrift immer noch nicht bezahlt ist und gibt wieder weise Ratschläge, aber eine Sache selbst in die Hand nehmen und zu Ende führen,  soweit reicht die Nüchternheit nicht. NICHT WORTE - TATEN! Etwas Gutes haben diese Leute aber auch mit ihrer Klugscheißerei. M eist steckt nämlich in ihrer Idee doch etwas drin, auf das man nicht selbst gekommen ist. So habe ich mir angewöhnt ihre Vorschläge - und mich in meiner Voreingenommenheit - kritisch zu prüfen, um dann das Beste allein zu machen, damit es getan ist. Diese Schilderung geringer Eigenverantwortung findet man natürlich nicht in allen Gruppen. Meist klappt nach außen dort alles prima, wo eine Gruppe regiert wird. Da steht der "Gruppenkönig" für alle ein und sorgt für das "lmage" seiner Gruppe. Wie es aber "drin" aussieht, geht niemand was an.  So hat jedes Ding zwei Seiten, doch vielleicht ist das gerade das Wunderbare in dieser losen zusammengewürfelten Gemeinschaft alkoholkranker Menschen, die immer dann funktioniert, wenn ein Alkoholiker um Hilfe ruft.

Für Hilfe am Nächsten ist jeder bereit

Da sind sie da, die gerade nicht mehr Zitternden und die Gelassenen. Die noch nicht ganz Klarblickenden die Neunmalklugen, die Rückfallreichen und die Stroh­trockenen. Und in jedem sehe ich mich selbst wieder! Und deshalb habe ich kein Recht, jene zu verurteilen und andere zu loben, denn ich bin nicht besser und nicht schlechter. Ich bin Gruppenkönig und Klugscheißer und Hilfesuchender und deprimiert. Ich bin Sprecher und Zuhörer und Angeber und todunglücklich. Ich bin Alkoholiker wie Du - und heute nüchtern. Und ich bleibe Alkoholiker wie Du. Deshalb brauche ich Dich und Dich und meine Gruppe. So wie jeder von Gott geschaffen ist. Gemeinsam wollen wir dieses Programm der zwölf Schritte immer und immer wieder durchgehen und versuchen, diese Prinzipien im täglichen Leben anzuwenden. Wir müssen immer wieder darüber sprechen. Wir müssen uns immer wieder dabei gegenseitig zu Wort kommen lassen. Wir müssen lernen das Wort des anderen anzunehmen, denn auch er hat ein Gehirn zum Denken. Weg mit der Überheblichkeit! Im Geist der Gruppe formt sich die Demut des Einzelnen. Ich bin von meinen Freunden aufmerksam gemacht worden, dass ich das Wort "WIR" zu oft und unbefugt gebrauche. Ich hätte kein Recht von "WIR" zu sprechen. Das bedeutet, dass ich kein Recht habe mir eine Vorstellung über das Verhalten einer Gruppe von Alkoholikern zu machen. Dabei habe ich aber am eigenen Leib erfahren müssen, dass ich im "ICH" verloren bin und nur im "WIR" nüchtern bleiben kann.

Meine Vorstellungen sind nicht allgemein gültig

DU brauchst es ja nicht anzunehmen. Von DIR will ich ja gar nichts. Unter WIR verstehe ich meine Freunde, durch die ich nüchtern geworden bin, und die mich dieses wunderbare Programm gelehrt haben. Allein hätte ich es bis zu diesen 24 Stunden nicht geschafft.

Wir haben es geschafft!

Als ich vor einem Jahr beschloss, die Serie "Zwölf Schritte eines Alkoholikers" zu schreiben, wollte ich nur einem Zweck dienen, nämlich anderen Alkoholikern in möglichst einfacher Form diese Kunde zu überbringen. Sicher sind meine Vorstellungen von den zwölf Schritten nicht allgemein gültig, aber mir hat es geholfen in diesem Jahr nüchtern zu bleiben. Vielleicht hilft's auch Dir? Jene Freunde, die das WIR nicht vertragen können, übersehen scheinbar, dass der amerikanische Kommentar der zwölf Schritte in dem Buch "Zwölf Schritte und Traditionen" ausschließlich in der "Wir-Form" geschrieben ist. Hier wurden uns vor vielen Jahren Zeichen gesetzt, die ich ohne Vorbehalt auf MICH und nicht auf DICH beziehe, weshalb ich meinen Kommentar zu meinen zwölften Schritten mit dem Wortlaut unserer amerikanischen Freunde ausklingen lassen will:

 

Aus dem Buche:

"ZWÖLF SCHRITTE UND TRADITIONEN"

Ausklang des Kommentars über den zwölften Schritt:

... Als unsere A.A.-Gemeinschaft noch recht jung war, machte eine Anzahl bedeutender Psychologen und Arzte eine eingehende Studie an einer recht zahlreichen Gruppe von sogenannten Problem Trinker. Die Doktoren wollten nicht wissen, wie verschieden wir voneinander waren; sie wollten vielmehr die charakteristischen Persönlichkeitsmerkmale herausfinden, welche allen Alkoholikern in der Gruppe gemeinsam waren. Zum Abschluss der Untersuchung veröffentlichten sie ihre Ergebnisse, welche die Anonymen Alkoholiker jener Zeit sehr empörten. Diese berühmten Gelehrten hatten nämlich die Stirne zu erklären, die meisten der von ihnen untersuchten Alkoholiker seien noch kindisch, in ihrem Gefühlsleben überempfindlich und großsprecherisch.  Wie sehr regten wir Alkoholiker uns über diese Beurteilung auf! Wir wollten eben nicht wahrhaben, dass auch unsere Erwachsenenträume oft noch wirklich kindisch waren. Und im Hinblick auf die Schläge, welche uns das Leben versetzt hatte, war es doch vollkommen natürlich, dass wir empfindlich geworden waren. Von Großsprecherei meinten wir,, könne aber gar keine Rede sein, denn wir hätten ja nur den hohen und berechtigten Ehrgeiz, im Kampf des Lebens zu bestehen.  Als aber die Jahre so dahingingen, haben doch die meisten unter uns jenen Ärzten recht geben müssen. Wir hatten einen viel schärferen Blick für uns und für die Menschen in unserem Kreis gewonnen. Wir hatten erkannt, dass unvernünftige Befürchtungen und Ängste uns dazu verleiten, das Leben als ein Geschäft anzusehen, wo man in erster Linie Ruhm, Geld und das herausholen könnte, was wir für eine Führerposition hielten. Wir spielten mit einem ruinösen Falschgeld, das auf der einen Seite das Bild dieser Wunschträume trug, auf der anderen Seite aber das Bild der Furcht. Wir wollten eben einfach der "Mann Nr. Eins" werden, um unser tief gewurzeltes Minderwertigkeitsgefühl zu verdecken. Bei zufälligen Erfolgen prahlten wir noch von größeren Taten, die wir vollbringen würden. Und wenn die Sache schief ging, wurden wir verbittert.  Wenn wir im Leben nur einen mittelmäßigen Erfolg hatten, dann wurden wir deprimiert und feige. Natürlich sagten die Leute dann von uns, wir seien von, minderwertiger' Klasse.

Jetzt verstehen wir uns besser: Wir sind eben Späne, die von einem alten Stamm abgehauen sind. Tief im Herzen hatten wir alle eine unnormale Furcht gehabt. Es war dabei kein großer Unterschied, ob wir am Ufer des Lebensstroms gesessen und uns ins Vergessen hineingetrunken hatten, oder ob wir tollkühn und kopflos in den Strom stürzten, ohne seine Tiefe und unsere geringe Kraft zu bedenken. Das Ergebnis war in beiden Fällen dasselbe: Wir alle waren in den Fluten des Alkohols beinahe ertrunken.  Aber heute sind bei reif gewordenen anonymen Alkoholikern jene missbrauchten Lebenstriebe wieder einigermaßen ihrem wahren Zweck und in ihre normale Richtung zurückgeleitet worden.  Wir geben uns keine Mühe mehr, unsere Mitmenschen zu beherrschen oder zu regieren, um uns selber dadurch wichtig zu fühlen. Wir streben nicht mehr nach Ruhm und Ehre, um gelobt zu werden. Wenn wir durch unseren hingebenden Dienst an Familie, Freunde, im Beruf oder in der Gemeinde weithin Zuneigung gewinnen und manchmal auch in Stellungen von größerer Verantwortung und Vertrauen gewählt werden, dann wollen wir in Demut dafür dankbar sein und uns umso mehr im Geiste der Liebe und des Dienens üben. Wir wissen ja jetzt, dass sich wahres Führertum durch ein makelloses Vorbild ausweist und nicht durch eitle Schau-stellereih von Kraft und Ruhm.  

Noch schöner ist das Gefühl, dass wir unter unseren A.A.-Freunden keiner besonderen Auszeichnung bedürfen, um uns nützlich und zutiefst glücklich zu fühlen. Nicht viele von uns können Führer an hervorragender Stelle sein.

Und wir erstreben dies auch gar nicht. Dafür haben wir aber das gefunden, was uns dauerhafte und rechtmäßig erworbene Zufriedenheit in einem wertvolleren Leben gewährt. Kein Glanz und vergängliches Glück, keine Unmenge materieller Besitztümer könnte uns dafür auch nur annähernd Ersatz bieten. Und unser Glück ist: der mit frohem Herzen geleistete Dienst, die wirkliche Erfüllung unserer Pflichten, das gläubige und geduldige Ertragen von Schwierigkeiten und deren Überwindung mit Gottes Hilfe.  Wir wissen, dass wir in A.A. daheim sind und draußen in der Welt Partner im Streben nach einem gemeinsamen Ziele haben.  Wir wissen, dass wir die Tatsache richtig verstanden haben, dass in Gottes Augen jeder einzelne Mensch wichtig ist,  dass wir den Beweis dafür erfahren haben, dass eine bedingungslose frei geschenkte Liebe immer ihren vollen Lohn einbringt,  dass wir nicht mehr von den anderen isoliert in unseren selbstgebauten Gefängnissen allein leben müssen  und dass auch wir in Gottes Plan der Dinge hineingehören und hineinpassen können.  Wahrer Ehrgeiz ist absolut nicht das, was wir einst darunter verstanden. Unser Ehrgeiz drückt sich nun in dem tiefen Sehnen aus, mit Gottes Gnade demütig ein wertvolles Leben zu führen.  Wir kommen nun mit unseren kurzen Studien der zwölf Schritte des A.A.-Programms zu Ende. Wir haben dabei viele Probleme erwogen, so dass es scheint, A.A. bestehe hauptsächlich aus quälenden Schwierigkeiten und dem Ringen um ihre Überwindung. Bis zu einem gewissen Grad ist dies freilich richtig. Schließlich haben wir aber doch nur deshalb von so vielen Problemen sprechen müssen, weil wir eben selber problematische Menschen sind, die den Weg aus ihren Problemen heraus und über sie empor gefunden haben. Darum wollen wir unsere Erkenntnis über diesen Weg mit allen Menschen teilen, die daraus Nutzen ziehen können. Wenn wir auf diese Weise unsere Schwierigkeiten hinnehmen und lösen, dann können wir ständig besser mit uns selbst zurechtkommen, mit der Weit um uns herum und mit IHM, der über uns allen steht.

Das richtige Verstehen ist der Schlüssel zu richtigen Grundsätzen und zu richtigem Verhalten.  Das richtige Handeln ist der Schlüssel zu einer richtigen Lebensweise. Darum ist die Freude an einem rechten Leben das Thema des zwölften Schrittes im A.A.-Programm.  Möge JEDER von uns an jedem vollbrachten Tag seines Lebens immer tiefer die Bedeutung des einfachen Spruches erfassen:

Gott gib mir Gelassenheit Dinge anzunehmen, die ich nicht ändern kann,

Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann

und die Weisheit, den Unterschied zu erkennen.

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.